Vor neunzig Jahren steckte auch unser Land in einer tiefen wirtschaftlichen Depression. Die Not war zum Teil sehr gross. Benachteiligte wie behinderte Menschen litten besonders darunter. 40 Basler Invalide schlossen sich während des Jahres 1932 zu einer Selbsthilfeorganisation zusammen und gründeten die Invaliden-Vereinigung Basel. Der Sinn und Zweck der damaligen IVB war es zu helfen und aktiv dazu beizutragen, dass behinderte Menschen ihre Grundbedürfnisse besser oder überhaupt befriedigen konnten. Daneben sollten aber auch die sozialen Kontakte und die gesellschaftliche Integration
gefördert werden. Vier Jahre später erweiterte die IVB ihren Aktionsradius und konstituierte sich als Invaliden-Vereinigung beider Basel. Die Gründerväter der IVB erkannten, dass es für die Betroffenen einfacher und zielführender war, gemeinsam Probleme anzupacken und zu lösen.
Mit einem Mitgliederbeitrag von einem Franken pro Monat konnte der Verein in seinen Anfangsjahren natürlich nur beschränkt Not lindern. Der Vorstand musste mit Anliegen wie Darlehen oder der dringend nötigen Reparatur von Hilfsmitteln an die Armenpflege und die Fürsorgestelle der Kantone gelangen. Während einiger Jahre war die IVB das Bindeglied zwischen Betroffenen und den amtlichen Stellen. Der Verein übte in diesem Bereich sogar Aufgaben im staatlichen Auftrag aus. In den schwierigen Dreissigerjahren konnte die IVB vor allem mit der Abgabe von Gutscheinen für Brennholz und Kohle sowie kleineren Finanzhilfen die grössten Notsituationen lindern.
In der Gründungszeit war der Begriff «Invalid» normal und üblich. Ursprünglich wurden Kriegsversehrte respektive dienstuntaugliche oder ausgediente Soldaten als Invalide bezeichnet. Der Begriff geht auf das lateinische Wort «invalidus» zurück. Ausgedrückt wurde damit eine kraftlose, schwache, hinfällige und leider auch eine unwerte, unnütze Situation. Heute wird diese Begrifflichkeit richtigerweise als diskriminierend empfunden. Aus diesem Grunde firmiert die IVB seit 2001 unter dem Vereinsnahmen «IVB Behindertenselbsthilfe beider Basel». Als Marke werden die drei markanten Buchstaben IVB aber weiter genutzt.
Die Integration von behinderten Menschen auf allen gesellschaftlichen Ebenen hat in den zurückliegenden neunzig Jahren niemals an Aktualität verloren. Im Gegenteil, sie wird und muss uns auch in Zukunft beschäftigen und antreiben. Mit der seit 1960 bestehenden Invalidenversicherung, mit der Inkraftsetzung eines Behindertengleichstellungsgesetzes
auf Bundesebene im Jahre 2004, mit dem ersten kantonalen Behindertenrechtegesetz in Basel-Stadt seit 2020 und den entsprechenden Anstrengungen im Nachbarkanton Baselland, die gegenwärtig im Gange sind, wurden und werden wichtige Grundlagen geschaffen. Doch Gesetze alleine nützen wenig, solange in unseren Köpfen kein Umdenken stattfindet und wir die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen als völlig normal empfinden.
Aus der mitunter rasanten Veränderung unserer Lebensumstände entstehen ständig neue Bedürfnisse und Problemfelder. Angesichts der vielfältigen Behinderungsformen, welche wir heute kennen, ist es wichtig, dass die Betroffenen sich nicht nur auf ihre ureigenen Probleme konzentrieren, sondern dass sie immer auch vernetzt denken und handeln. Die
IVB möchte gerade auch in diesem Sinne wirken.