Nach zwei Jahren Corona beginnt sich der Wirtschaftsmotor endlich wieder schneller zu drehen. Das ist das Positive. Die Kehrseite der Medaille ist der sich zuspitzende Fachkräftemangel. Das Problem dürfte sich in den kommenden Monaten und Jahren sogar noch verschärfen.
Laut einer Studie des international tätigen Stellenvermittlers Michael Page vom Januar 2022 ist die Zahl der ausgeschriebenen Stellen 2021 in der Schweiz bereits um 39 Prozent gestiegen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich einfacher als früher ihre Stelle aussuchen. Und diese Tendenz dürfte sich fortsetzen, sodass der Schweizer Stellenmarkt auch im laufenden Jahr weiterwachsen wird. Mit anderen Worten: Für die Unternehmen wird es zunehmend schwieriger, ihre Stellen noch mit entsprechend gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu besetzen. Die Folge: Der Fachkräftemangel wird im Gewerbe mehr und mehr zum Thema.
Konsequenterweise gewinnt das Thema «Employer Branding» in solchen Zeiten an Bedeutung. Unternehmen sind gezwungen, vielfältige Rekrutierungsstrategien anzuwenden, wenn sie das Rennen um Talente gewinnen wollen. Insbesondere die jüngeren Jahrgänge verlangen vermehrt ein flexibles Arbeitsumfeld. Die sogenannte Work-Life-Balance gewinnt an Bedeutung. Gerade in der Zeit der Pandemie haben sich zahlreiche Arbeitnehmende innerlich neu ausgerichtet. Sie haben erkannt, dass ein attraktives Gehalt allein nicht glücklich macht. Genauso wichtig – wenn nicht noch entscheidender – sind die Möglichkeiten, im eigenen Job aufzugehen, einen spürbaren Beitrag an das Gelingen in einem Team zu leisten und ganz allgemein einen tieferen Sinn in seiner Arbeit zu sehen.
Gerade in diesen Bereichen liegt die grosse Chance der KMU-Wirtschaft. Während man als Angestellter bei einem «Global Player» allenfalls mehr oder weniger eine Nummer ist und unter Umständen zwischen Stuhl und Bank fällt, geht es in unseren Gewerbebetrieben oftmals eher familiär zu und her. Die erwähnte Studie von Michael Page zeigt auch eindrücklich auf, wie es KMU gelingt, ihre Stärke vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels auszuspielen. Demnach können Unternehmen, welche flexible Arbeitsmöglichkeiten anbieten, die besten Kandidatinnen und Kandidaten anziehen. «Zu diesen Möglichkeiten gehören etwa Home Office, eine hybride Arbeitsumgebung sowie die Möglichkeit, auf Stundenbasis oder als Freelancer zu arbeiten», heisst es in der Medienmitteilung zur Studie. Weitere wichtige Faktoren für Kandidatinnen und Kandidaten seien «die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und die Möglichkeit, mit einem inspirierenden Management zusammenzuarbeiten».
All dies stimmt mich zuversichtlich, dass unser lokales Gewerbe den sich verstärkenden Fachkräftemangel meistern wird. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass sich die
Rahmenbedingungen für unsere KMU nicht verschlechtern – und dass wir für unser duales Bildungssystem Sorge tragen.