Bauversicherung – unverzichtbarer Schutz

INTERVIEW MIT ANDRÉ HOSTETTLER VON FIONA EGLI

Bei einem Neubau, Umbau oder einer Renovation eines Gebäudes steht die Bauherrschaft – sei dies eine Privatperson oder ein Unternehmen – vor zahlreichen Risiken, die existenzielle Folgen haben können. Von unerwarteten Schäden am eigenen Bauprojekt bis hin zu Schadenersatzansprüchen Dritter –
die Gefahren sind vielfältig. Eine Bauversicherung bietet einen wichtigen Schutz während der Bauphase und sichert sowohl das Bauobjekt selbst als auch die Beteiligten ab.

Mit durchschnittlichen Schadenkosten von rund 7 000 Schweizer Franken sind die Risiken
im Bauwesen nicht zu unterschätzen. André Hostettler ist Branchenspezialist für technische
Versicherungen bei Baloise und erklärt im Interview, aus welchen Bausteinen sich eine umfassende Bauversicherung zusammensetzt und wieso eine gute Absicherung bei jedem
Bauvorhaben unentbehrlich ist.

GESCHÄFTSFÜHRER*IN BASEL: André Hostettler, was genau deckt eine Bauversicherung ab?
André Hostettler: Eine Bauversicherung sichert ein Bauprojekt vom Moment des Baubeginns bis zur Fertigstellung aller Bauleistungen ab. Sie setzt sich im Wesentlichen aus
zwei Hauptkomponenten zusammen: der Bauwesenversicherung und der Bauherrenhaftpflichtversicherung.

Wann greift die Bauwesenversicherung?
In erster Linie schützt die Bauwesenversicherung die Bauherrschaft vor finanziellen Schäden durch einen Bauunfall, indem sie das investierte und verbaute Vermögen absichert.

Die Versicherung deckt die bereits erbrachten Bauleistungen und gewährleistet im Schadenfall deren Wiederherstellung in den Zustand vor dem Schadenereignis. Aufräumungskosten, Schäden an bestehenden eigenen Bauwerken sowie Vermögensschäden wegen Bauzeitverzögerung und Betriebsunterbruch ergänzen einen guten Versicherungsschutz innerhalb der Bauwesenversicherung. Denn auch wenn die Leistungserbringer – zum Beispiel Bauunternehmer, Architekten und Ingenieure – durch eigene Haftpflichtversicherungen versichert sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei unklarer Schadensherbeiführung der vermeintliche Verursacher für den Schaden verantwortlich gemacht werden kann. In solchen Fällen ist es für die rasche Abwicklung hilfreich, wenn die Bauwesenversicherung zumindest in Vorleistung tritt – etwaige Regressansprüche vorbehalten – und das Bauvorhaben schnellstmöglich weitergeführt werden kann. Des Weiteren schützt die Bauwesenversicherung das Vermögen der am Bau beteiligten Unternehmen, indem sie zum Beispiel Versicherungsschutz für die Beschädigung von Gerüstmaterial, Baustelleneinrichtungen und Baugeräten bietet.

Und welche Risiken deckt die Bauherrenhaftpflichtversicherung ab?
Die zweite Komponente der Bauversicherung, die Bauherrenhaftpflichtversicherung, sichert die Bauherrschaft selbst ab. Denn von Gesetzes wegen haftet der Eigentümer eines Grundstücks immer dann, wenn von seinem Grundstück ausgehend Dritten eine Gefahr droht oder wenn Dritte zu Schaden kommen. Diese Haftung besteht auch dann, wenn die Bauherrschaft den Schaden nicht selbst verursacht hat. Denn der Grundeigentümer haftet kausal, also auch dann, wenn ihn kein Verschulden trifft. So kann beispielsweise ein geschädigter Nachbar seinen Schadenersatzanspruch direkt bei der Bauherrschaft geltend machen. Die Höhe eines möglichen Schadens ist im Vorfeld nur schwer abzuschätzen. Die finanziellen Folgen der möglicherweise entstandenen Sach-, Personensowie Vermögensschäden – das können zum Beispiel Reparaturkosten für beschädigte Gebäude, Heilungskosten, Lohnausfälle oder Mietkosten für eine Ersatzwohnung sein – sowie die Kosten für die Abwehr eines unbegründeten Anspruchs zeigen sich oft erst bei der Regulierung.

Warum ist eine Bauversicherung für ein Bauprojekt unabdingbar?
Die Gefahren für ein Bauprojekt sind vielfältig. Durch menschliches Versagen, Naturereignisse, Feuer, Vandalismus oder Diebstahl können kostspielige Schäden entstehen, die dazu führen können, dass ein Bauwerk nicht fristgerecht fertiggestellt werden kann. Die Bauversicherung schützt die Bauherrschaft, die oft ihr gesamtes finanzielles Budget in das Bauprojekt investiert hat, vor finanziellen Verlusten, welche durch diese unvorhergesehenen Schäden drohen.

Wer sollte eine solche Bauversicherung abschliessen?
Die Bauwesenversicherung empfiehlt sich für alle, die ein Bauvorhaben realisieren, denn sie versichert Schäden, die nach Gesetz beziehungsweise den SIA-Normen zulasten der Bauherrschaft, des Architekten, Bauleiters, Ingenieurs, Geologen sowie der am Bauvorhaben beteiligten Unternehmer und Subunternehmer gehen. Diese umfassende Abdeckung ist wichtig, da jeder Beteiligte das Potenzial hat, durch seine Tätigkeiten
am Bau Schäden zu verursachen. Die Bauherrenhaftpflichtversicherung ist für all jene unverzichtbar, die ein Haus bauen oder einen grösseren Umbau realisieren. Bei kleineren Umbauten oder Renovationen sollte kontrolliert werden, ob die Versicherung nicht bereits in einer bestehenden Gebäudehaftpflichtoder Betriebshaftpflichtversicherung enthalten ist.

Was ist versicherungstechnisch während eines Bauprojekts ausserdem noch zu beachten?
Während der Bauphase ist die Gefährdung für das Bauobjekt durch Feuer und Elementarereignisse – also Hochwasser, Überschwemmung, Sturm, Hagel, Lawinen, Schneedruck, Felssturz, Steinschlag und Erdrutsch – meist erheblich. Für einen Grossteil der Kantone besteht dafür ein kantonales Obligatorium. Dies bedeutet, dass zwingend bei der kantonalen Gebäudeversicherung eine Bauzeitversicherung für Feuer und Elementarereignisse abgeschlossen werden muss, welche jedoch – je nach Kanton – die eine oder andere Gefahr ausschliesst, zum Beispiel Elementarschäden an Baugrubensicherungs- und Umgebungsarbeiten oder erdverlegten Leitungen. Deshalb ist es wichtig, dass die Bauwesenversicherung dafür im Sinne einer Subsidiärdeckung Versicherungsschutz bietet.

In den Kantonen, in welchen kein Obligatorium besteht oder welche zwar ein Obligatorium haben, der Versicherungsnehmer jedoch frei bei der Wahl des Versicherers ist, sollten
Feuer und Elementarereignisse unbedingt in die Bauwesenversicherung eingeschlossen werden.

Nach Einzug in das fertige Gebäude ist schliesslich eine Gebäudeversicherung erforderlich, die den Schutz des Gebäudes während seiner Nutzungsdauer bietet. In den sogenannten GUSTAVO-Kantonen (Genf, Uri, Schwyz, Tessin, Appenzell Innerrhoden, Wallis und Obwalden) sowie im Fürstentum Liechtenstein ist die Versicherung durch private
Versicherer vorgesehen und bietet nebst Feuer /Elementarereignissen, Einbruchdiebstahl/Beraubung, Wasser- und Glasbruchschäden auch Versicherungsschutz für weitere Gefahren, zum Beispiel böswillige Gebäudebeschädigung oder Schäden
an der Heizung oder Photovoltaikanlage.

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