Vorbei sind die Zeiten, als Mitglieder eines Verwaltungs- oder Stiftungsrates lediglich mehr oder weniger repräsentative Aufgaben wahrnehmen mussten. Die Verwaltungs- und Stiftungsratstätigkeit hat sich in den letzten Jahren enorm professionalisiert und stellt neue Herausforderungen an die Führungskräfte. Dem trägt der Lehrgang «Instrumente & Konzepte für Verwaltungs-/StiftungsrätInnen» Rechnung, der im Herbst zum dritten Mal von der Handelsschule KV Basel durchgeführt wird.
Erstmalig bot die Handelsschule KV Basel im Oktober 2015 diese berufsbegleitende Weiterbildung, an der jeweils rund 15 Personen während dreier Monate in 52 Lektionen teilnehmen, an. Der Lehrgang vermittelt neben theoretischen Grundlagen vor allem praktische Instrumente und konkrete Konzepte für Verantwortungsträger in den Bereichen Finanz- und Rechnungswesen, strategisches Management, Recht, Compliance, Personalwesen, Kommunikation und Firmenkultur.
Im Interview mit dem GESCHÄFTSFÜHRER gibt Dr. Dominik Reust, Segmentsexperte an der Handelsschule KV Basel und selbst Dozent im Lehrgang, Einblicke in den Kurs «Instrumente & Konzepte für Verwaltungs-/StiftungsrätInnen».
GESCHÄFTSFÜHRER: Wir haben es eingangs erwähnt, dass sich die Anforderungen an die Verwaltungs- und Stiftungsratstätigkeiten in den letzten Jahren stark erhöht haben. Wird denn entsprechendes Know-how nicht in einer regulären Ausbildung oder an der Universität vermittelt?
Dominik Reust: Selbstverständlich können Sie in einer Aus- oder Weiterbildung oder an einer Universität die Grundlagen in den Bereichen Finanz- und Rechnungswesen, strategisches Management, Recht, Compliance etc. erwerben. Das ist aber nicht das grundlegende Ziel unseres Lehrgangs. Unser Lehrgang geht spezifisch auf Fragestellungen ein, mit denen Verwaltungs- und StiftungsrätInnen in ihrer Tätigkeit als oberstes Kontroll- und Steuerungsorgan konfrontiert sind. Wie können die knappen Zeitressourcen effektiv und effizient eingesetzt werden? Wie werden Unstimmigkeiten mit der Geschäftsleitung gelöst? Wie gilt es auf finanzielle Unregelmässigkeiten zu reagieren? Wie kann eine Haftung ausgeschlossen werden? Ausserdem bietet der Austausch mit interessierten Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, das persönliche und berufliche Netzwerk mit einflussreichen Kontakten zu erweitern.
Können denn die Aufgaben von Verwaltungs- und StiftungsrätInnen miteinander verglichen werden, sodass man sie getrost in einem Kurs behandeln kann?
Der Verwaltungsrat ist für die Aufsicht über das Unternehmen zuständig. Dem Stiftungsrat obliegt die Oberleitung der Stiftung. Natürlich gibt es Unterschiede: Eine Aktiengesellschaft hat einen finanziellen Zweck, eine Stiftung einen ideellen. Gemeinsam ist aber beiden eine langfristig angelegte Vision, die Einhaltung der höchsten Standards der Geschäftsethik und die Einbeziehung aller Anspruchsgruppen sowie natürlich das Ziel zu prosperieren. Diese Punkte werden zumeist in Verhaltenscodices festgehalten. Eine Analyse dieser Codices ist hoch spannend.
Was war für die Handelsschule KV Basel ausschlaggebend, dieses Kursangebot zu lancieren?
Ausschlaggebend war der Entscheid des Basler Grossen Rates, als erster Kanton in Verwaltungsräten von staatsnahen Betrieben eine Geschlechterquote einzuführen. Demzufolge müssen mindestens 30 Prozent der Mitglieder Frauen sein. Dies hat natürlich zu einer gewissen Nachfrage geführt, die wir mit unserem Angebot decken wollten. Gleichzeitig stellten wir fest, dass auch im Bereich KMU und Fürsorgestiftungen Interesse und Ausbildungsbedarf bestand, womit wir neben Frauen auch Männer ansprechen. Kommt dazu, dass Basel die Stiftungshauptstadt der Schweiz ist und wir hier in der Region über 1100 Stiftungen zählen, was wiederum für Kursteilnehmende weitere Möglichkeiten erschliesst, sich für ein Mandat in einem Stiftungsrat zu qualifizieren beziehungsweise sich zu empfehlen.
Wie praxisbezogen ist der Lehrgang?
Die Praxis steht im Mittelpunkt des Kurses. Die Dozierenden sind in ihren Gebieten Experten und kommen alle aus der Praxis. Ausgebildet wird fallbezogen, das heisst, den Teilnehmenden werden anhand realer Beispiele – vorzugsweise aus dem eigenen Bereich – Instrumente und Konzepte nähergebracht, um als Verwaltungs- und/oder StiftungsrätInnen zu reüssieren.