Berufsbildung fördert Innovation

Vor einigen Monaten stiess ich mit grossem Interesse auf die Arbeit eines Forschungsteams, das im Rahmen zweier Artikel die Rolle der dualen Berufsausbildung und der Auszubildenden im Innovationsprozess eines Unternehmens untersucht.[1] Die Untersuchungen beruhen auf Daten aus der Innovationsumfrage der Konjunkturforschungsstelle KOF.

Der Bericht zeigt einerseits auf, dass Firmen, die Lernende ausbilden, höhere Innovationsergebnisse aufweisen als solche, die dies nicht tun. Die Forscher erklären diesen Effekt durch die in einem dualen Berufsbildungssystem integrierten und institutionalisierten Prozesse der Lehrplanentwicklung und -aktualisierung. In dualen Berufsbildungssystemen werden die Lehrpläne auf der Grundlage nationaler gesetzlicher Rahmenbedingungen und mit Unterstützung von Wirtschaftsverbänden, Sozialpartnern, Unternehmen und staatlichen Institutionen entworfen und regelmässig aktualisiert. Im Unternehmen führt dies offenbar (indirekt durch die Lernenden) zu einem zusätzlichen Wissenszufluss von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und optimierten Verfahren. Die mittleren Unternehmen (50 bis rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) scheinen hierbei am meisten von der Lernendenausbildung zu profitieren und zeigen die grössten Innovationseffekte nach der Lernendenausbildung.

Andererseits kommt zum Ausdruck, dass sich die Lernenden als quasi «hybride Berater in der Organisationsentwicklung» auf der unteren Hierarchieebene gleichzeitig Wissen von ausserhalb (schulische Ausbildung) und innerhalb (Ausbildung am Arbeitsplatz) des Unternehmens aneignen. Sie spielen so eine Schlüsselrolle bei der Integration von externem und internem Wissen, zum Beispiel durch Wissensübersetzung und Wissensanpassung an die Eigenheiten der Unternehmenstätigkeiten. So haben sie einen positiven Einfluss auf organisatorische Innovationen wie die Einführung innovativer Arbeitsplatzpraktiken und die Umsetzung innovativer Geschäftsprozesse sowie auf technologische Innovationen wie die Entwicklung neuer Produkte, Patentanmeldungen und die Absatzsteigerung durch verbesserte Produkte.

Der Arbeitgeberverband Region Basel fühlt sich durch diese Forschungsergebnisse in seinen Bemühungen bestätigt, die Berufsbildung beziehungsweise deren Image zu stärken. Dabei – und dies gilt es immer wieder zu betonen – geht es auf keinen Fall darum, Berufslehre und Gymnasium gegeneinander auszuspielen. Aber eine immer grösser werdende Masse an Akademikern bringt unserer Wirtschaft nichts, es braucht eine Vielfalt an Arbeitskräften. Ausserdem sollte es auch für die jungen Leute ein Anreiz sein zu wissen, dass sie mit einer Lehre zum Innovationsprozess eines Unternehmens beitragen können – und so auch die Chance haben, früh eine erfolgreiche Berufskarriere aufzugleisen.

[1]Rupietta, C.; Backes-Gellner, U. (2019): How firms’ participation in apprenticeship training fosters knowledge diffusion and innovation. J Bus Econ, 89, 569–597. https://doi.org/10.1007/s11573-018-0924-6

Rupietta, C.; Meuer, J.; Backes-Gellner, U. (2021): How do apprentices moderate the influence of organizational innovation on the technological innovation process? Empirical Res Voc Ed Train, 13(1). https://doi.org/10.1186/s40461-020-00107-7