Charakterköpfe sind gesucht

Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer Baselland

Zuerst die Pandemie, dann Kriegswirren, Inflationsentwicklung und die Energiekrise – man hat auch 2023 das Gefühl, dass wir noch eine Weile im Krisenmodus unterwegs sein werden. In der Krise, hat der deutsche Altkanzler Helmut Schmidt einst gesagt, beweise sich der Charakter. Womit wir schon mitten im Thema sind: bei der Politik.

Am 12. Februar wurden im Kanton Basel-Landschaft das Parlament sowie die Regierung gewählt. Am 22. Oktober stehen schliesslich die eidgenössischen Wahlen an. Denkt man die Aussage von Helmut Schmidt weiter, darf man zum Schluss kommen: Es sind vornehmlich «Charakterköpfe» gesucht, die unsere Region und unser Land in diesen schwierigen Zeiten mit klugen und mutigen Entscheiden in der Erfolgsspur halten. Denn Herausforderungen gibt es viele.

Beim Betrachten des heutigen Politbetriebs fällt auf, dass die praktischen Fähigkeiten zur verlässlichen und wirksamen Zielumsetzung und zur Lösung der Gegenwartsprobleme allmählich verloren gehen. Die Politik redet am liebsten über die Zukunft. Und die heissen Eisen werden nie oder nur ungern angefasst. Man hat das Gefühl, dass man es eigentlich ganz gern hat, wenn es keine Unruhe gibt und die Sachen so bleiben, wie sie sind. Zudem hat sich eine Kultur von immer höher gesteckten Zielen ausgebreitet. Doch nicht die Zukunftsprogramme sind das, was jetzt zählt, sondern der Umgang mit den Gegenwartsproblemen, die Lösungen von heute.

Die drei wichtigsten Themenbereiche hierbei sind der Fachkräftemangel, die Mobilität und die Energie.

Die Ausbildung der jungen Generationen soll modernisiert und die jungen Leute müssen kompetent ausgebildet und rasch in den Arbeitsprozess integriert werden. Es muss uns dabei gelingen aufzuzeigen, woher unser Wohlstand kommt und was es braucht, um diesen zu erhalten. Wir müssen auch dafür sorgen, dass Grenzgängerinnen und Grenzgänger mit einem vernünftigen Zeitbudget zum Arbeitsplatz kommen, denn ohne diese Mitarbeitenden würden viele Betriebe stillstehen. Auch die zeitnahe Klärung des Verhältnisses mit der EU ist essenziell, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Die Schweizer Bevölkerung wächst seit Jahrzehnten. Aber der Ausbau von Mobilitätsfläche kann nicht annähernd mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten. Eine Mischung aus falschen Versprechen, Fehleinschätzungen und reiner Ideologie hat dies verhindert. Dafür gibt es eine Menge Beispiele. Die Realität heisst Stau und Zeitverlust. Das ist fatal für die KMU und die vielen tausend Arbeitnehmenden, die jeden Tag unterwegs sind.

Es ist in den staatlich kontrollierten Energiemärkten die Aufgabe der Politik, für genug Strom und Gas zu einem vernünftigen Preis zu sorgen. Punkt. Aber solange wir unsere Energieversorgung vom Wetter abhängig machen, ist das nicht der Fall. Niemand ist gegen die Umstellung auf erneuerbare Energien oder gegen Energieeffizienz. Aber wir befinden uns in einem offenen Wirtschaftssystem, in dem der Energiepreis relevant ist. Es braucht deshalb jetzt viel Augenmass in der Energiepolitik und vor allem keine zusätzlichen Verbote und kostspieligen Verpflichtungen für die Unternehmungen.

Ich bin sicher: Die Welt entwickelt sich auch in den nächsten vier Jahren anders als gedacht und geplant. Umso wichtiger ist, dass die Politik diese Veränderungen mit Vernunft und mit Blick für das Notwendige und Machbare angeht. Und auch mit einer gewissen Dringlichkeit und Realitätssinn.

Deshalb braucht es Personen, welche die oftmals gewagten und unverbindlichen Zukunftsversprechen als solche enttarnen und mit der Wahrheit kontern – auch wenn das unbequem ist. Und das wiederum verlangt den von Helmut Schmidt zitierten Charakter.