Charmantes Kulturgut auf vier Rädern

von Gabriela Röthlisberger

Selbst das Wetter zeigte sich von seiner strahlendsten Seite, als am 23. September 2023 nach einer fünfjährigen Pause das von vielen ersehnte Bergrennen Gempen Memorial endlich wieder stattfinden durfte. Rund 120 klassische Fahrzeuge der Jahrgänge 1911 bis 1968 teilten sich das Startfeld und vermittelten dem in Scharen angereisten Publikum, fast wie dank einer Zeitmaschine, eine Rennatmosphäre wie vor 100 Jahren!

An normalen Tagen wirkt das auf 676 Höhenmetern gelegene Dörfchen Gempen eher beschaulich und unaufgeregt, aber die ganztägige Veranstaltung des Oldtimerrennes am vorletzten Samstag des Monats September änderte alles. Bei dem Spektakel jubelten Tausende begeisterte Zuschauer den Rennfahrerinnen und Rennfahrern in ihren Oldtimern zu, die sonst grösstenteils gut behütet in Privatsammlungen versteckt sind. «Der Ausnahmezustand herrscht lediglich alle drei Jahre, denn in diesem Turnus wird das Gempen Memorial durchgeführt. Leider kam es wegen der Corona-Krise zu einem Ausfall des beliebten Oldtimerfests, welches einerseits ganze Familie anspricht und andererseits für viele ein gesellschaftlicher Anlass in einem unvergleichlichen Ambiente darstellt», erzählt Urs Müller, Obmann des Organisationskomitees Gempen Memorial 2023 und Vizepräsident der ACS-Sektion beider Basel.

Platinsponsor René Grossenbacher mit Ehefrau Patricia und Urs Müller

Organisation in erfahrenen Händen
Das Gempen Memorial wird jeweils durch die Classic-­Gruppe der ACS-Sektion beider Basel organisiert, tatkräftig unterstützt durch ein erfahrenes Organisationskomitee. «Am wichtigsten für die erfolgreiche Durchführung dieses Grossanlasses sind natürlich die unzähligen freiwilligen Helfer*innen. Und ohne die grosszügige Unterstützung der Sponsoren, Gönner und Behörden wäre die Durchführung jenseits unserer Möglichkeiten», resümierte Urs Müller. Auf die Frage, was ihn als Obmann des Organisationskomitees dazu motiviert, diesen zeitintensiven Job zu stemmen, lieferte er die Antwort, ohne einen Moment zu zögern: «Etwas für die Allgemeinheit zu tun, verleiht mir ein gutes Gefühl. Meine Passion für Oldtimer ist sicherlich ebenso ein Grund – man muss beim Fahren und bei den Schaltvorgängen noch denken sowie ein Gefühl für die Mechanik entwickeln. Auch möchte ich den Leuten solche Automobile als Kulturgut zum Anfassen, Brauchen und Bewegen näherbringen.» Am Gempen Memorial 2023 hatte er seinen wunderschönen weinroten Lagonda 3 L mit dem Jahrgang 1954 dabei. Die Variante Cabrio vereint offene Eleganz und Spitzentechnik –weltweit sind davon lediglich 54 Stück zu finden. 

Der Sicherheitsaspekt beim Gempen Memorial ist heutzutage im grünen Bereich. «Gefährlich ist das Bergrennen auf den kurvenreichen Strassen keinesfalls, diese Zeiten sind längst vorbei», klärte Urs Müller auf und fügte nachdenklich hinzu: «Seit der Durchführung des letzten Gempen Memorials haben sich die Rahmenbedingungen enorm verändert. Für die Standmieten und -plätze musste aktuell beträchtlich tiefer in die Tasche gegriffen werden. Und um Vereine zu finden, die zur Hilfe bereit waren, musste man von Pontius zu Pilatus laufen», meinte Müller. «Doch allen Beschwerlichkeiten zum Trotz ist eines nach wie vor gross: die Freude an diesem spektakulären Anlass!»

Mit dabei, die beiden Regierungsräte Stephanie Eymann und Lukas Engelberger

Historische Rennatmosphäre zum Anfassen
Der Mythos der legendären Bergprüffahrt Gempen Memorial feierte 1911 seine Geburtsstunde. «Vor dieser beeindruckenden Kulisse mit teilweise über 10’000 Zuschauern folgten in den 20er-Jahren ein paar echte Bergrennen. Damals wurde während der spannenden Bergprüfungsfahrt die schnellste Fahrzeit von Oberdornach nach Gempen mit einer komplexen Korrekturformel ermittelt. Kein einfaches Unterfangen, da die Fahrzeuge damals doch sehr unterschiedlich motorisiert waren», berichtete Urs Müller.

Die beiden Weltkriege haben ein regelmässiges Durchführen der Veranstaltung verhindert. Nach der vorerst letzten Veranstaltung im Jahre 1947 wurde das Gempen Memorial von der Classic-Gruppe des ACS (Automobil-Club Schweiz), Sektion beider Basel, zum 100-jährigen Jubiläum zu neuem Leben erweckt. «Seit 2011 können die Autolegenden nun wieder live erlebt werden – die Faszination der Classic Cars mit ihrer speziellen Technik und einnehmenden Ästhetik lässt nach wie vor Tausende Liebhaber*innen historischer Fahrzeuge zum Gempen strömen, um das Revival des Mythos von 1911 hautnah mitzuerleben», erläuterte Stephan Kestenholz, der sich damals im Komitee sehr für die Wiederbelebung des Gempen Memorials engagierte. «Wir liebäugelten anfangs auch mit dem Gedanken, für das Rennen nur Vorkriegsautos zuzulassen, alleine schon wegen des speziellen  Ambientes. Leider konnten schweizweit nicht genügend solche Oldtimer mit den entsprechenden Jahrgängen zusammengetrommelt werden», bedauerte Stephan Kestenholz, den die zu dieser Zeit vorhandene technische Seite stets in Begeisterung versetzt. «Pures Fahren ohne Helfer ist eine ganz andere Sache, man lässt nicht steuern, sondern erledigt alles noch selbst. Wenn der Motor Zicken macht, muss eigenhändig unter die Haube geschaut und mit geübten Handgriffen das Problem behoben werden», ereiferte sich der Bewunderer von altehrwürdigen Automobilen. Ebenfalls bravourös findet er den Teamgeist zwischen Fahrer und Beifahrer: «Bei einem Rennen mit Classic Cars muss es ein harmonisches Miteinander geben, sonst wird kein zufriedenstellendes Resultat erreicht.»

Die Rahmenbedingungen des Bergrennens
Bei der sowohl anspruchsvollen wie attraktiven Bergstrecke am Fusse der Gempenfluh messen sich die Fahrerteams auf kurvenreichen 5 210 Metern, um ein möglichst exaktes Erreichen der Zeitvorgaben zu erzielen. Ergo gewinnt nicht der schnellste Rennteilnehmende von Dornach nach Gempen, sondern derjenige mit der besten Taktik und dem akkuratesten fahrerischen Können – gefragt ist Präzision statt Geschwindigkeit. «Es ist eine beeindruckende Leistung und kaum vorstellbar, dass beim ersten Memorial der damalige Sieger sogar bis auf eine Hundertstelsekunde an die Zeitvorgabe herangefahren ist», bemerkte Urs Müller. Auch wenn die maximal zulässige Durchschnittsgeschwindigkeit reglementarisch auf 49.9 Kilometer pro Strunde begrenzt ist, sind die automobilen Darbietungen der Fahrer*innen des Rennens von Oberdornach hinauf nach Gempen stellenweise doch beeindruckend dynamisch, besonders in den 30 teils spektakulären Kurven, die es zu meistern gilt.

Platinumsponsor BELMOT® SWISS
Als Platinumsponsor für das Gempen Memorial konnte René Grossenbacher, der Versicherungsspezialist für Old- und Youngtimer sowie Inhaber von BELMOT® SWISS, gewonnen werden, der schon vor vielen Jahren dem Charme von Oldtimern verfallen ist. «Mit einem Oldtimer auf Tour zu sein, bietet einen hohen Spassfaktor. Die simple Technik der alten Autos lässt nur ein gemütliches Fahren zu, vorzugsweise in der Natur, wodurch Ruhe und Gelassenheit einkehrt. Bei Pannen sollte man die Contenance nicht verlieren und entweder lösungsorientiert oder optimal versichert sein», räumte René Grossenbacher mit einem Augenzwinkern ein. Vor 23 Jahren hatte er seine Passion für Oldtimer zum Beruf gemacht. «Durch meine Fachkenntnis wurde mir schnell klar, dass ein Auto, welches drei Jahrzehnte und mehr auf dem Buckel hat, andere Ansprüche an eine Versicherung als ein Neuwagen hat», reflektierte der Inhaber des BELMOT®-­SWISS-Kompetenzzentrums seine damalige Geschäftsidee.

Der Geist von alten Autos lebt
Geschicklichkeit beim Zeitfahren steht bei einem Oldtimerrennen absolut im Vordergrund. Den besten Einblick in die äusserst attraktive Welt der Vehikel aus vergangenen Zeiten vermittelt der Besuch eines Rennens wie dem des Gempen Memorials – mit den visuellen und akustischen Eindrücken sowie den Emotionen auf Tuchfühlung zu gehen, ist ein Erlebnis der besonderen Art. «Finanztechnisch gesehen, ist ein Oldtimer heute eine ausgezeichnete Wertanlage», verriet  René Grossenbacher. «Auf der Bank bekommt man seit Längerem keine nennenswerten Zinsen mehr, der Wert eines Oldtimers steigt hingegen kontinuierlich. Beim Fahren hat man sogar noch grossen Spass und generiert letztendlich mehr Lebensqualität.» Die Anschaffung eines gefragten Oldtimer-­Modells ist als unkonventionelle Wertanlage nebst den herkömmlichen Immobilien, Edelmetallen und Rohstoffen, in der Börsensprache ausgedrückt, eine sehr gute Performance. «Wer früher das Glück hatte, einen gepflegten Oldtimer für ein paar tausend Franken zu ergattern und damit ein gutes Auge für einen Klassiker der Zukunft bewies, kann sich heute über eine saftige Wertsteigerung freuen», betonte der Platinsponsor.

Leidenschaft zwischen Rost und Chrom
Sie fressen Unmengen an Benzin, bieten kaum vorhandenen Komfort und noch weniger Fahrhilfen wie die heutzutage üblichen Parkpiloten oder Tempomaten – dennoch kann sich kaum jemand der Anziehungskraft eines Oldtimers entziehen. Oftmals sind es gefühlsbetonte Gründe, welche die Menschen dazu bewegt, sich ein Classic Car zu kaufen, nicht selten ist es die Motivation, sich damit einen Jugendtraum zu erfüllen – die gewünschten Fahrzeuge werden mit nostalgischen Erinnerungen aus der Kindheit verknüpft.

Urs Müller, Obmann des Organisationskomitees Gempen Memorial 2023 vor seinem Lagonda 3 L Cabrio, Jahrgang 1954

Alles in Ordnung – ein eher seltener Zustand bei einem Oldtimer, auch laufen sie bei Weitem nicht immer wie geschmiert. Doch die meisten Liebhaber*innen von Auto-Veteranen haben mit Perfektion und ultimativem Komfort sowieso nichts am Hut. Liebevoll wird da der rostige Garagenfund restauriert und aufpoliert, bis seine ästhetische Form wieder in Vollendung zur Geltung kommt. Unzählige Arbeitsstunden werden investiert, um das Vehikel erneut in einen fahrbereiten Zustand zu versetzen und mit der eigenen Hände Arbeit für die Nachwelt zu erhalten.

In Deutschland, Österreich und der Schweiz gelten unterschiedliche Regelungen für die Klassifizierung historischer Fahrzeuge – ab einem Alter von 30 Jahren darf jedenfalls von einem Oldtimer gesprochen werden.

Eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte
Vom Dampfwagen zum selbstfahrenden Auto: Die Geschichte des Automobils veränderte die Welt, etablierte die individuelle Mobilität für jedermann und -frau und legte den Grundstein für eine wirtschaftlich bedeutende Branche.

Es benötigt wirklich eine grosse Menge an Vorstellungskraft, um sich unser tägliches Leben ohne die Erfindung des Automobils auszumalen. Dank des Erfindungsgeists von Visionären und Automobilpionieren können wir auf 120 Jahre Entwicklungsgeschichte eines Fortbewegungsmittels zurückblicken, welches uns beim Handel durch den Transport von Gütern geholfen und somit die Wirtschaft angekurbelt hat. Ganz zu schweigen von der bescherten Freiheit und dem hohen Mass an Komfort. 

www.gempen-memorial.ch