Es gibt auch ein Leben nach Bernhard Heusler! Unter dem neuen Präsidenten Bernhard Burgener ist der FC Basel mit neuer Führungscrew und einer rundumerneuerten Mannschaft nach einer kurzen, verhaltenen Anfangsphase in die Erfolgsspur zurückgekehrt und hat international in der Champions League überwintert.
Offiziell ist Bernhard Burgener seit dem 1. Juli 2017 Präsident des FC Basel. Innert kürzester Zeit rückte der erfolgreiche Unternehmer, der bisher in der grossen Öffentlichkeit wegen seiner zurückhaltenden Art nicht allzu prominent wahrgenommen wurde, in den Mittelpunkt aller FCB-Interessierten. Dabei hat der 61-Jährige, der im Lehenmattquartier – ganz in der Nähe des Joggeli-Stadions – aufgewachsen ist und Mitte der 1990er-Jahre im FCB-Vorstand sass, durchaus eine FCB-Vergangenheit und blieb, nicht zuletzt auch durch seine jahrzehntelange Freundschaft mit Karli Odermatt, dem FCB immer eng verbunden. Zumindest eines ist sicher: Während Bernhard Burgener das Jubiläum «100 Jahre FCB» in der damaligen Nationalliga B feiern musste, wird er den 125. Geburtstag – am 15. November 1893 wurde der FCB im Restaurant Schuhmacherzunft gegründet – dieses Jahr als Präsident in der obersten Spielklasse feiern!
Bereits 2010 und 2012 beschäftigte sich der GESCHÄFTSFÜHRER in zwei ausführlichen Interviews über den Werdegang Bernhard Burgeners zu einem der einflussreichsten Medienmanager Europas. Im vorliegenden Gespräch äussert er sich nun vor allem zum FC Basel beziehungsweise über seine Ziele und die Art und Weise, wie er den Club führt.
INTERVIEWBOX:
GESCHÄFTSFÜHRER: Ich mag mich erinnern – es ist noch nicht lange her –, dass Sie sehr zurückhaltend waren, was Ihre Öffentlichkeitsauftritte anbelangt. Nun hat sich das aber als FCB-Präsident doch etwas geändert – haben Sie sich schon daran gewöhnt?
Bernhard Burgener: (lacht) Ich versuche nach wie vor, meine Öffentlichkeitsauftritte auf ein Minimum zu beschränken, entziehe mich aber nicht meiner Verantwortung, wenn es gilt, den FCB in der Öffentlichkeit zu vertreten oder seine Interessen dort wahrzunehmen. Grundsätzlich bin ich aber der Meinung – und auch Fussball ist ja Teil der Unterhaltungsindustrie –, dass vor allem die Stars und Protagonisten ins Schaufenster gestellt gehören, nicht die Menschen, die im Hintergrund ihre Arbeit verrichten.
Wie viel Zeit wenden Sie denn für Ihre Arbeit beim FCB auf?
Ich führe darüber nicht Buch, aber ich denke, dass ich ein gutes Gespür dafür habe, wie viel Zeit für welche Tätigkeit notwendig ist. Mein Führungsstil beruht vor allem darauf, den von mir eingesetzten Verantwortlichen grosses Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu schenken und dementsprechend auch einen grossen Spielraum einzuräumen. Natürlich trage ich die Gesamtverantwortung, entwickle meine Ideen und unterstütze meine Umgebung mit Inputs, aber schlussendlich gebe ich vor allem die Leitplanken vor und stütze mich auf Menschen, die auf ihrem Gebiet mehr Fachwissen haben als ich. Die letzten Monate haben gezeigt, dass die Führungsverantwortlichen Marco Streller, Alex Frei, Massimo Ceccaroni, Raphael Wicky und Jean-Paul Brigger – nicht zu vergessen die über 200 Mitarbeitenden in der Geschäftsstelle – ihre Jobs hervorragend machen. Davor kann ich nur den Hut ziehen und allen mein uneingeschränktes Kompliment aussprechen.
Fussballerisch ist der FCB zu Beginn Ihrer Präsidentschaft etwas stotternd gestartet, dann ist der Knoten aber geplatzt. Haben Sie erwartet, dass der Club so schnell in die Spur kommt?
In der Tat, der Wandel innerhalb der Mannschaft, aber auch auf der Ebene der operativ tätigen Personen war enorm, und dass da und dort kurzzeitig etwas Unruhe aufkam, kann ich nachvollziehen. Ich erinnere hier nur an den überraschenden Rücktritt von Matias Delgado, der ebenfalls unsere Planungen durchkreuzte. Möglicherweise wären in anderen Ländern vor allem die Medien schneller nervös geworden. Der FCB konnte aber von einer grossen Vertrauensbasis in der Öffentlichkeit profitieren, denn die angekündigten Konzepte machten Sinn, und die neuen Führungspersönlichkeiten genossen Respekt. Insgesamt darf man eigentlich von einer traumhaften Leistung sprechen, wie schnell das «Schiff FC Basel» wieder auf Kurs gebracht werden konnte!
Sie haben zu Beginn Ihrer Amtszeit angekündigt: «Wir wollen mehr Basler, wir wollen die Elf verjüngen und das Kader reduzieren.» – Scheinbar hat das alles bereits funktioniert, eigentlich haben Sie Ihre Ziele ja schon erreicht, was gibt es denn noch zu tun?
(lacht) Keine Angst, beim FCB gibt es immer was zu tun! Tatsächlich haben wir aber jetzt schon mehr Basler – auch Absolventen des Campus’ – in der Mannschaft als in der Saison davor. Wir konnten auch den Kader reduzieren und gleichzeitig verjüngen. Im Fussball gibt es aber nichts Beständigeres als den Wandel. Wie man in den letzten Wochen bereits feststellen konnte, haben Spieler wie Steffen und Akanji den FCB verlassen und in die Bundesliga gewechselt, andererseits sind Spieler wie Fabian Frei aus Mainz, Valentin Stocker von Hertha BSC Berlin oder Samuele Campo aus Lausanne zu uns zurückgekehrt. Eine weitere Vorgabe war übrigens, europäisch zu «überwintern». Dabei hat Raphael Wicky mit seinem Team gleich zwei Rekorde in der Champions League gebrochen, indem wir gegen Benfica den höchsten Sieg eingefahren und zweitens zum ersten Mal zwölf Punkte geholt haben. Erfolge auf europäischer Ebene sind übrigens für Schweizer Mannschaften enorm wichtig, um die Ranking-Punkte zurückzugewinnen, welche für eine direkte Qualifikation des Schweizer Meisters für die Champions League berechtigen. Ich habe auch angekündigt, dass der FCB eine attraktive Spielkultur pflegen wird – auch das ist unter Raphael Wicky umgesetzt worden. Überhaupt legt unser technischer Staff – namentlich möchte ich auch Ruedi Zbinden, Remo Gaugler und Roland Heri nennen – ein enorm glückliches Händchen bei der Suche nach Talenten, welche in unsere Spielkultur passen, an den Tag.
Ist es denn für Sie als Präsident nicht schmerzhaft, wenn – kaum hat ein junger Spieler «eingeschlagen», er bereits von anderen, in der Regel grösseren Vereinen in Europa abgeworben wird?
Der FC Basel ist ein Ausbildungsverein. Unsere finanziellen Möglichkeiten sind naturgemäss beschränkt. Natürlich bedaure ich den Abgang jedes Talentes. Andererseits bin ich stolz, wenn unsere Arbeit Früchte trägt und freue mich auch für die Spieler, denen ich mich nicht in den Weg stellen möchte. Sie tragen den guten Namen FC Basel in die Welt, ausserdem profitiert der Verein natürlich finanziell von den Transfers, was wiederum in die Entwicklung junger Spieler gesteckt werden kann. Dass wir in puncto Nachwuchsarbeit übrigens auf dem richtigen Weg sind, zeigen die Erfolge der U19-Auswahl des FCB, die sich den Gruppensieg in der Youth League geholt hat, was ebenfalls ein Versprechen für die Zukunft ist.
Diese Zukunft wird immer digitaler – wo steht hier der FC Basel, oder ist das noch kein Thema?
Viele wissen es vielleicht nicht, aber auch der FCB ist bereits im E-Sports tätig, und zwar ziemlich erfolgreich. So spielen drei Spieler für den FCB in dieser Disziplin. Darunter ist Tim Katnawatos, aktuell die Weltnummer 6, der an der «Fifa E-Sports» in London im letzten August Vize-Europameister geworden ist. Zwar ist dies für viele noch eine neue Welt, aber immerhin haben sich in einer Umfrage auf der Online-Plattform «Myfcbasel» drei Viertel aller Mitmachenden positiv dazu geäussert, dass der FCB auch im Bereich E-Sports aktiv ist. Mir ist es wichtig, dass wir mit E-Sports neue Kunden – die sogenannten Digital-Natives, welche auf konventionelle Weise nur schwer zu erreichen sind – ansprechen. Grundsätzlich müssen wir uns einfach jetzt schon mit einer Welt auseinandersetzen, von der wir noch nicht so wirklich wissen, wie sie in Zukunft aussehen wird. Dass die digitale Transformation aber in vielen Bereichen stattfinden wird, ja sogar bereits in vollstem Gange ist, das lässt sich nicht ignorieren.