Corona hat vieles beschleunigt – zum Leid der Gastrobranche auch den Fachkräftemangel. In allen Berufsgruppen der Gastronomie fehlt es an qualifiziertem Personal. Die Zahl der Lernenden hat im letzten Jahr die tiefsten Zahlen seit Jahren erreicht. Diese Fakten rufen schnell zur Suche nach den Schuldigen. Doch diese Diskussion bringt uns nicht weiter. Dass das Problem zu einem grossen Teil hausgemacht ist, könnte sein. Doch auch dann muss es gelöst werden.
Um genügend qualifizierte Fachkräfte zu bekommen, braucht es gute Vorbilder, gute Ausbildungsbetriebe und Berufsbildner. Dann braucht es natürlich auch genügend Interesse der jungen Generation für Berufe im Gastgewerbe. Da fragt man sich: Was war zuerst da, Huhn oder Ei?
Ich behaupte jetzt mal: Es braucht vor allem Vorbilder. Es braucht positive Geschichten rund um den Beruf. Vorbilder, die Feuer für die Gastronomie entfachen. Vorbilder wie Rockstars, die zeigen, dass die Gastronomie trotz spezieller Arbeitszeiten cool ist. Die Gastronomie muss Lifestyle suggerieren. Dies hat man früher vielleicht als Berufsstolz bezeichnet. Genau dieser Berufsstolz führt auch dazu, dass man gewillt ist, jungen Menschen seine Leidenschaft weiterzugeben und gute Ausbildungsplätze anzubieten und Perspektiven zu schaffen.
Man spricht vermehrt von neuen Wegen, neuen Arbeitszeitmodellen, neuen Ausbildungsinhalten – Hauptsache «neu». Aber was bedeutet dies und kann man das Rad überhaupt neu erfinden? Man kann es nicht ganz neu erfinden. Jedoch ist es wichtig, dass man in der doch sehr schnelllebigen Gastronomie neben der Tradition auch die Möglichkeit der Umsetzung von aktuellen Trends in die Ausbildung einbezieht. Kochen ist ein Handwerk, sogar eine Kunst. Jeder Handwerker braucht Grundwissen. Dieses zu erlernen, ist unumgänglich. Doch es braucht auch einen wesentlichen Teil der offenen Gestaltung und die Förderung von Kreativem. Die Arbeit an der Front muss mit Herzblut gelebt werden. Alle sprechen von Emotionen, von guten Gefühlen, Erlebnissen – genau diese müssen bei jedem individuell gefördert werden. All diese Eigenschaften brauchen jedoch Individualität im Ausdruck.
Daher sind in meinen Augen die Arbeit am Gast und die Dienstleistung keine «Vereinheitlichung». Freundlichkeit und Herzlichkeit brauchen einen Hauch von Freiraum. Dieser Freiraum muss bei den jungen Berufsleuten gefördert werden und sollte ein Teil der Ausbildung sein. In einer Zeit, in der künstliche Intelligenz und Roboter auf dem Vormarsch sind, müssen und sollten wir die Menschen in den Bereichen fördern, in denen sie stark sind und sich von den Maschinen unterscheiden. Mit Persönlichkeit, mit Herz. Dies gilt sowohl für die Küche als auch für die Front.
Somit wird jedoch auch schnell klar, wie herausfordernd es ist, junge Menschen auszubilden. Den Mix aus Handwerk zu lehren, Persönlichkeit zu fördern, gewisse erzieherische Teile einzubeziehen und die Herzen unserer Jungen dabei spielen zu lassen, sind grösste Herausforderung und Knochenarbeit. Jeder Betrieb, der junge Menschen ausbildet, sollte eigentlich von der gesamten Branche etwas zurückbekommen oder wenigstens von jenen anderen, die keine Fachkräfte ausbilden, sondern später davon profitieren, getragen werden. Dass wir alle vielleicht etwas umdenken müssen, das wissen wir. Doch wie es so ist, braucht es für das Umdenken einer gesamten Branche oder Gesellschaft immer länger, als es eigentlich nötig wäre. Bis man ein neues Bewusstsein erlangt, kann es Jahre dauern. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass jeder, der seinen Teil dazu beitragen kann, heute damit beginnt und nicht weiter wartet! Und sei es nicht zuletzt beim Konsumenten. Denn wenn man den Wert der Gastronomie und der Dienstleistungen, die jene Menschen erbringen, nicht erkennt und schätzt, wird es umso schwerer, dies gegen aussen zu leben. Um zu leuchten oder damit das Feuer entfacht wird, braucht es Zündschnüre und Menschen, die das Leuchten sehen. Und wir alle wünschen uns doch Erlebnisse, die unsere Herzen berühren, und ein Essen, welches ein geschmackliches Feuerwerk in unsere Gaumen zaubert.