Der Bundesrat hat versagt!

von Thomas Ruepp

Thomas Ruepp

Die Schweiz ist ein Exportland mit einer Wirtschaft, die von den umliegenden EU-Staaten abhängig ist. Durch den bundesrätlichen Abbruch der Verhandlungen mit der EU über das Institutionelle Abkommen (InstA) wird nun der Export für KMU unverhältnismässig erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht. Dies zwingt die Unternehmen zu Schritten, wie ihren Sitz in die EU zu verlegen – mit oder ohne Produktion –, oder zu Neugründungen von Unternehmen in EU-Ländern, um den Export aufrechtzuerhalten, aber dies mit zusätzlichen Aufwendungen. Dass der bundesrätliche Entscheid nicht die Grosskonzerne betrifft, welche lediglich 0.3 Prozent der Schweizer Unternehmen ausmachen und schon seit Jahrzehnten mit ihren Exportländern verbunden sind, vermag nur bedingt zu beruhigen.

Die bundesrätlichen Verhandlungen mit der EU sind mit weitreichenden Konsequenzen für die Wirtschaft der Schweiz gescheitert. Es ist eine Unverschämtheit, insbesondere die KMU-Exportbetriebe so im Regen stehen zu lassen, vor allem wenn man bedenkt, dass 99.3 Prozent der Unternehmungen in der Schweiz KMU sind.

Als Inhaber eines KMU ist es mir unverständlich, dass der Bundesrat ohne Plan B nach Brüssel reist, keine gangbaren Vertragsvarianten anbieten kann und glaubt, dass die EU ihre Meinung ändert, weil die Schweiz ja so wichtig für die EU ist. So kann man nur von einem Trauerspiel sprechen, wie Politik und Politiker das gesunde Schweizer Wirtschaftssystem diffamieren. Als Unternehmer reagiere ich zunehmend empfindlich auf solche politischen Entscheidungen und fühle mich genötigt, mich gegen unsere die Wirtschaft untergrabenden und zerstörenden Methoden zu wehren und Gegensteuer zu geben.

Durch den vertragslosen Zustand werden auch Forschung und Wissenschaft stark tangiert – mit der Konsequent, dass die Schweiz ihre diesbezügliche Spitzenstellung verliert. Die Schweiz ist ein Land der Innovationen und Forschung, braucht aber Partner, um zu forschen und zu entwickeln. Besonders erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit den Universitäten in Europa, mit denen nun der Kontakt und damit der Wissenstransfer zwangsläufig eingeschränkt werden.

Erst jetzt wurde übrigens bekannt, dass Bundespräsident Guy Parmelin den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, in der Causa um Hilfe gebeten haben soll. Nach fast einem halben Jahr ist offenbar auch der Bundesrat aufgewacht und ihm ist klar geworden, was von Anfang falsch gelaufen ist. Kretschmann soll die Situation übrigens ebenfalls als unhaltbar bezeichnet haben und hat Anfang Oktober betont, dass im Moment nur die Medizinalbranche betroffen ist, aber dass auch die Maschinenindustrie bald folgen würde. Oder anders formuliert: Die gesamte Exportindustrie der Schweiz wird über kurz oder lang von den Einschränkungen betroffen sein.

Da sich der Bundesrat nun entsetzt über die Reaktionen der EU nach dem Verhandlungsabbruch zeigt, dürfte ihm nicht bewusst sein, dass er eigentlich als Bittsteller in Brüssel auftritt. Anstatt untaugliche SVP-Rezepte als Grundlage seiner Verhandlungsführung einzubringen, hätte er eigene Lösungsansätze zum Schutz der Schweizer Wirtschaft anbieten sollen.

Als Unternehmer bin ich sehr erbost und enttäuscht darüber, dass die Politik, wie übrigens in anderen Fällen auch, unfähig ist, bisher gute, praktikable Lösungen – auch ohne EU-Mitglied zu werden – beizubehalten. Ausbaden müssen dies nun die Unternehmen, welche selbst innovative Lösungen kreieren müssen, um überleben zu können. Stattdessen müssen nun selbst gemachte Schwächungen der Exportindustrie und schwindende Steuereinnahmen bei Gemeinden, Kantonen und beim Bund in Kauf genommen werden.

THOMAS RUEPP
Unternehmer
thomas@ruepp.com