Foyer Public – der Name ist Programm

von Anna Trümpy und Benedikt Wyss

© Ingo Höhn

Seit knapp zwei Jahren öffnet das Theater Basel seine Türen auch tagsüber. Das Foyer Public ist ein neuer Stadtraum, in dem das Theater Basel neue Wege der kulturellen Teilhabe beschreitet und innovative Formen der Begegnung ausprobiert. Stand das Foyer des Stadttheaters über Jahrzehnte fast nur abends jenen zur Verfügung, die sich eine Theatervorstellung leisten konnten oder wollten, ist der Raum heute täglich (ausser am Montag) von morgens bis abends für alle Menschen zugänglich – auch ohne Ticket.

«Foyer Public – Raum für alle»: Stünde nicht dieses rote Plakat mitten auf dem Theaterplatz, es würden sich wohl die wenigsten Passanten in den brutalistischen Bau hineinwagen – ins Theater Basel, dessen Eingänge leicht übersehen werden, so dominant wie seine weissen Fassaden in den Stadthimmel ragen. Wer sich dennoch durch die verschlossen wirkenden, schweren Glastüren ins Innere traut, wird von der schieren Weite dieses Foyers überrascht – eine imposante Halle mit einer noch imposanteren Betondecke, die sich wie ein riesiges Zirkuszelt in die Höhe schwingt. Darunter wuchtige Galerien über hellbraunem Kokosteppich und eine grosse Treppe wie ein Wasserfall aus dunklem Holz.

Urbane Diversität
Erst jetzt fallen die unterschiedlichsten Menschen auf, die diesen Saal bevölkern: Student*innen an Laptops, ihrer lärmigen WG entflohen. Grosseltern mit Kinderwägen, verschwitzte Tänzer*innen, die sich im Takt ihrer Musik bewegen. Schüler*innen in der Mittagspause, Arbeitsgruppen, die Sitzungen abhalten. Theatermitarbeitende, die sich kurz bei einem Kaffee entspannen. Kinder, die in der Spielecke toben und die glatten Flächen neben der Treppe runterrutschen (wofür sie Schimpfis kriegen, weil es verboten ist). Theaterinteressierte, die die Auslagen studieren, Lesebegeisterte, die ihre Ferienlektüre aussuchen, Freund*innen, die sich zu einem Schwatz treffen. Künstler*innen, die ihre Performance an einem möglicherweise vorhandenen Publikum testen.

© Batu Cöcel

Lebendig und divers ist dieser Ort. Menschen treffen aufeinander, um sich gemeinsam einen aussergewöhnlichen Raum anzueignen. Er bietet verschiedenste Anreize: Tische, Sofas, Tanzflächen, eine Kinderecke, eine Zweigstelle der Stadtbibliothek und Veranstaltungsräume. Es gibt versteckte Winkel für den Rückzug und Rampenlicht für den grossen oder kleinen Auftritt. Seit dem Frühjahr 2021 bietet das Foyer Public Raum für all das. Eingeführt unter der Intendanz von Benedikt von Peter als ein (Innen-)Raum für Begegnung mitten in der Coronapandemie, hatte das Projekt eine knifflige Ausgangslage, wie man sich vorstellen kann. Mit der allgemeinen gesellschaftlichen Öffnung hat sich Normalität eingestellt, das Foyer Public behauptete sich in freier Wildbahn und die Besucher*innenzahlen schossen in die Höhe.

Ein Ort für lebendigen Dialog
Nutzungsmöglichkeiten haben sich spontan ergeben, wurden geplant, getestet, wiederholt, verworfen, etabliert. Die Angebote des Foyer Public sind heute generell unkommerziell und kostenfrei und grundsätzlich zugänglich für alle. Das Team Foyer Public unter der Leitung von Patrick Oes und kuratiert von Belinda Schweizer und Benedikt Wyss initiiert laufend Formate für mehr Dialog und Begegnung unter den Besuchenden. Jeweils als Wochenprogramm auf Grossleinwand projiziert, sind sie oft sportlicher (zum Beispiel Ping Pong oder Minigolf Public), tänzerischer (Dance Battle oder Tanzcafé Public) oder spielerischer Natur (Spielesonntage oder Games auf der Leinwand). Dazu gesellen sich die unterschiedlichsten regelmässigen oder einmaligen Begegnungsförderer: Miniführungen, Kindernachmittage, Flipperkästen, Stückeberatungen, Videoinstallationen, Sprechstunden, Bastelateliers, Gesprächsrunden oder Strickclubs.

© Nicolas Gysin

Ausbalancierte Aktivitäten
Andere Angebote werden von Privatpersonen oder anderen Institutionen organisiert und vor Ort tatkräftig unterstützt: Schachnachmittage, Tanzkurse aller Art, das Digitalcafé als IT-Beratung für Renter*innen, Bühnentrainings gegen Lampenfieber, offene Co-Workings und immer wieder performative Kunst, Musik und Tanz. Dass der Raum mit all diesen verschiedenen Menschen und sehr unterschiedlichen Aktivitäten und Energien im Gleichgewicht bleibt, auch dafür sorgt das Team Foyer Public mit seinen zwei Praktikant*innen und den so genannten AskMes, zwei Dutzend Freiwilligen. Sie sind den ganzen Tag vor Ort, immer ansprechbar und mit viel Sorgfalt darum bemüht, dass dieser Gemeinschaftsraum nicht aus den Fugen gerät.

Jeden Abend verwandelt sich das Foyer Public dann wieder in ein Foyer, wie man es kennt, macht sich bereit für den Vorstellungsbetrieb. Die roten Abfalleimer kehren in ihre Abstellräume zurück, die Kinderecke weicht der Garderobe, die Tanzfläche den Bistrotischchen, das Foyer-Public-Durcheinander dem aufgeräumten Theaterabend. Wer jetzt noch nicht genug hat, setzt sich ganz oben ins Theatercafé oder kauft sich unten spontan ein Ticket für die abendliche Vorstellung. Oder kommt einfach am nächsten Tag wieder ins Foyer Public, um dem leeren Raum abermals Leben einzuhauchen, sich der Zufälligkeit hinzugeben, die Ruhe zu geniessen, sich im Menschenstrom treiben zu lassen. Je nachdem, was für ein Tag man gerade erwischt.

So oder so – herzlich willkommen im Foyer Public.

https://www.theater-basel.ch/foyerpublic