Gustav Nussbaumers Rolle beim FC Basel

von Christoph Steinmann

Unvorstellbar, aber wahr, Gustav «Gusti» Nussbaumer ist seit 50 Jahren beim FCB an vorderster Front. Ein Mann, der für harte ehrliche Arbeit und Kontinuität steht wie kaum ein anderer. Einer, der schon viel erlebt hat.

Er hat all die grossen Namen des FC Basel er- und «überlebt», seien es Präsidenten, Trainer oder Spieler. Helmut Benthaus, Ottmar Hitzfeld, Karli Odermatt, Teofilo Cubillas, Charles Röthlisberger oder Gigi Oeri, mit all diesen Persönlichkeiten hatte Gusti Nussbaumer im Laufe seiner Karriere zu tun. Ein beeindruckendes Palmarès.

«Geschäftsführer»: Was ist in Ihrer Funktion als Teammanager so alles beinhaltet?
Gusti Nussbaumer: Mir ist eigentlich nicht so wichtig, wie man mich nennt, was ich allerdings gar nicht mag, ist Teamadministrator. Sicher ist die Administration in meinem Beruf ein wichtiger Punkt, aber eben längst nicht alles. Ich interpretiere meine Aufgabe als eine Art Dienstleister gegenüber dem Trainer, seinem Staff und der Mannschaft. Der Trainer und die Mannschaft sollen sich auf ihr sportliches Kerngeschäft konzentrieren können, und ich halte ihnen den Rücken frei mit allen anderen Aufgaben, die auf diesem Niveau auf eine Mannschaft zukommen. Ich schaue dafür, dass beispielsweise für neue Spieler eine Wohnung oder ein Auto bereitgestellt ist, dass sie angemeldet werden oder dass eine Arbeitsbewilligung vorliegt. Dies alles mache ich natürlich nicht alleine, dafür ist vor allem Barbara Bigler in der Verwaltung zuständig. Ich kümmere mich manchmal auch um die persönlichen Sorgen der Spieler, unterstütze sie, wo es geht. Ich koordiniere auch Medientermine der Spieler oder ihre Auftritte bei Sponsoren. Wenn’s dann um das Spiel geht, bin ich dafür besorgt, dass kein Spieler eingesetzt wird, die nicht qualifiziert oder gesperrt sind, oder dass zu viele Ausländer auf dem Platz stehen. Wichtig ist dann auch das Gespräch mit den Schiedsrichtern und dem gegnerischen Team und dafür zu sorgen, dass die sich bei uns im Joggeli wohlfühlen. Auch Repräsentatives gehört in mein Ressort wie zum Beispiel das Matchinterview vor dem Spiel. Es gäbe noch viel aufzuzählen. Ich bin dafür besorgt, hohe Qualität und Zuverlässigkeit zu liefern.

Ist es despektierlich zu sagen, dass Sie sozusagen eine Vaterfigur für die meisten Mitglieder der ganzen Mannschaft sind?
Ganz im Gegenteil, ich empfinde es als sehr positiv, wenn Spieler, Trainer oder andere Teammitglieder meinen Rat suchen. Dies spricht auch dafür, dass sie Vertrauen in mich haben und meine Meinung zu schätzen wissen. Übrigens reicht Vater längst nicht mehr. Mohamed Elyounoussi nannte mich sogar «Opi». Ich finde es schön, dass wir in unserem Team diese Verbundenheit leben, trotz allem Leistungsdruck. Ich hatte das Glück, über all die Jahre im Staff des FCB viele interessante Persönlichkeiten kennenzulernen, und das ist etwas, was mit keinen anderen Mitteln aufzuwägen ist.

Vor 50 Jahren haben Sie beim FCB als Junior ihre «Karriere» begonnen. Seitdem ist mit Bernhard Burgener der siebte Präsident im Amt, mit Raphael Wicky waren es 21 Trainer, von den mehreren hundert Spielern wollen wir gar nicht anfangen. Gibt es rückblickend ein Highlight unter Dutzenden, das Ihnen speziell in Erinnerung blieb?
Meistens sind es die Anlässe, die zum ersten Mal passieren, die speziell im Gedächtnis blieben. Mein absolutes Highlight war sicher der Wiederaufstieg in die Nati A nach sieben langen Jahren Durststrecke in der zweiten Liga. Der Empfang auf dem Barfi war einfach sensationell. Wir kannten das zu dieser Zeit nicht und es war dermassen überwältigend. Natürlich gehören auch alle Meister- und Cupsieger-Titel und die nachfolgenden Festivitäten zusammen mit unseren Fans zu unvergesslichen Momenten. Und last but not least unsere Erfolge in der Champions League. Es ist für mich wirklich nicht einfach, die imposantesten Augenblicke zu benennen, es gab so viele. Es gab natürlich auch zwischenmenschliche Momente, die unvergesslich bleiben, wie die zehn Jahre mit Christian Gross. Sehr emotional war auch eine Begegnung mit meinem Idol aus Jugendzeiten, Karli Odermatt. Während einer Meisterfeier ist er auf mich zugekommen, hat mir zugeprostet und gesagt «Gusti, dass wir das zusammen erleben dürfen, ist so grossartig.» Das war für mich einer der bewegendsten Momente meiner Karriere, mein Idol aus Kindertagen so vor mir zu sehen. Es war und ist immer noch ein riesiges Privileg, mit jungen motivierten Menschen zusammenarbeiten zu dürfen. Dies ist auch an meinem zweiten beruflichen Standbein als Dozent an der ETH Zürich so.

Wann haben Sie Ihren Job aus eigener Sicht richtig gemacht? Ist dies an Titeln zu messen?
Ich könnte antworten, dass sobald der Match angepfiffen wurde, ich im Vorfeld alles richtig gemacht habe, aber das wäre zu einfach. Sicher zählt das Resultat, keine Mannschaft wird aus heiterem Himmel einfach so Meister. Und schon gar nicht einige Male hintereinander. Da muss alles stimmen oder mindestens gut zusammenpassen. Wir sind immer ein Team, das gute wie weniger gute Momente zusammen übersteht. Wir spielen ja auch Fussball, um unsere Zuschauer glücklich zu machen. Ihnen tolle 90 Minuten zu liefern. Schaffen wir das, dann habe auch ich meinen Job gut gemacht.

Die Saison 2018/19 hat nicht berauschend begonnen (zum Zeitpunkt des Interviews). Man fühlt eine gewisse Unsicherheit in der Mannschaft. Täuscht der Eindruck?
Der Eindruck täuscht nicht. Vor 1½ Jahren hatten wir einen grossen Umbruch in und um die Mannschaft herum zu verkraften. Man hat neue Konzepte aufgestellt und probiert, die Zielsetzungen zu erreichen. Es hat auch in der Mannschaft zahlreiche personelle Wechsel gegeben von Spielern, die für uns nicht so einfach zu verkraften sind. Wir haben heute eine andere Mannschaft wie noch vor einem Jahr. Viele Junge wurden integriert, Spieler mit grossem Potenzial. Die neue Zusammensetzung braucht Geduld und Zeit, zusammenzuwachsen. Und diese Zeit haben sie nicht, denn der FC Basel muss Resultate bringen. Das fordern der Vorstand, der Präsident und natürlich auch die Fans. Auch in der Führung gab es personelle Änderungen. Auch das geht nicht ohne Nebengeräusche einfach so vorbei, denn es geht Know-how verloren. Das alles ergibt Unsicherheit. Irgendwann müssen wir Bilanz ziehen oder sonst tun es andere für uns (am Tage des Interviews wurde Trainer Raphael Wicky entlassen). Vom Sportlichen her ist es sicher zu früh, ein Urteil zu fällen. Wir sind in einem Entwicklungsprozess, wir müssen an uns arbeiten und geduldig sein. Irgendwann kommt der Erfolg zurück und die Verunsicherung wird verschwinden.

Nach 50 Jahren FCB ist es vielleicht auch irgendwann mal Zeit, Adieu zu sagen, zumal Sie ja das Pensionsalter erreicht hätten.
Mein Zweitjob an der ETH fliesst so langsam aus, ich habe noch ein paar Mandate zu beenden, noch einige Prüfungen abzunehmen. Ich merke allerdings, dass die dadurch gewonnene freie Zeit auch wieder in den FCB fliesst. Es ist sicher an der Zeit, mal etwas kürzerzutreten, trotz aller Freude an meinem Beruf und dem dazu gehörigen Umfeld. Ich würde es mir natürlich schon mal wünschen, das eine oder andere Wochenende einfach freizuhaben. Vielleicht ist es ja auch mal Zeit, Jüngeren Platz zu machen. Ich habe mir vorgenommen, jetzt während des Änderungsprozesses noch dabei zu bleiben, danach werden wir sehen.

Besten Dank für das interessante Gespräch und weiterhin viel Freude mit dem FC Basel.