Das Klybeckareal wird von BASF und Novartis zukünftig nicht mehr für die industrielle Produktion benötigt. Daher haben sich die beiden Grundeigentümerinnen 2016 mit dem Kanton Basel-Stadt zusammengeschlossen, um die Zukunft dieser Fläche von rund 300 000 m2 gemeinsam zu planen. Demnach wird in den nächsten Jahren unter dem Namen «klybeckplus» die südliche Hälfte des Klybeck zu einem neuen Stadtquartier transformiert.
Der breite Gürtel zwischen Rhein und Wiese wird geöffnet, um sich zu einem vielfältigen, durchmischten und vernetzten Stadtquartier zu wandeln, das Raum für Wohnen, Arbeit, Freizeit und Kultur bietet. Dabei ist für den umfangreichen Planungsprozess die Öffentlichkeit, insbesondere die Bevölkerung des Klybeckquartiers, beteiligt und von Anfang an als Gesprächspartnerin und Impulsgeberin einbezogen worden.
Im Interview mit dem GESCHÄFTSFÜHRER gibt Beat Aeberhard, Kantonsbaumeister im Basler Bau- und Verkehrsdepartement, weitere Einblicke in das Projekt «klybeckplus», dessen Entwicklung der Stadt Basel, ihren Bewohnern und dem Gewerbe einmalige Chancen bietet.
GESCHÄFTSFÜHRER: Wie sieht die Vereinbarung zum Projekt «klybeckplus» von BASF, Novartis und dem Kanton Basel-Stadt aus?
Beat Aeberhard: In dieser Planungsvereinbarung wird das Projekt und das Planungsgebiet beschrieben, sichern sich die drei Partner gegenseitige Unterstützung und Absprache zu, halten sie die Ziele für die Arealentwicklung fest, definieren die speziellen Rahmenbedingungen, die für einzelne Werkareale gelten, und beschreiben die Planungsschritte.
Dieser Tage wird der definitive Wortlaut der sogenannten Synthese, deren Entwurf von den Planungspartnern der Bevölkerung an der dritten Beteiligungsveranstaltung am 19. September diskutiert worden ist, vorgestellt. Was sind die Eckpunkte dieser Synthese?
Die Synthese basiert auf einem Vergleich der vier Testplanungs-Varianten von vier beauftragten Planungsteams aus Basel, Berlin, Frankfurt und Rotterdam und den Ergebnissen der Bevölkerungsbeteiligung. Sie definiert Grundsätze zu Bebauungsstruktur, Freiraum, Verkehr und Nutzung und wird die Grundlage für den behördenverbindlichen Stadtteilrichtplan bilden.
Wie soll man sich nun konkret das neue Stadtquartier vorstellen – so weit dies heute schon möglich ist?
Rund 300 000 m², das sind mehr als 40 Fussballfelder, oder ca. 285 000 m² Werkareal plus angrenzende Grünflächen, Freiräume und Strassen, können als eine grosse, zusammenhängende, bisher abgeschlossene Fläche entwickelt werden. Daraus soll ein lebendiges Quartier wachsen – mit allen entsprechenden Angeboten, öffentlichen Einrichtungen und der Verkehrserschliessung, die es dazu braucht. Die Basler Bevölkerung profitiert von zusätzlichen Wohnungen, neuen Arbeitsplätzen – zum Beispiel für das Gewerbe oder den Detailhandel –, von Einkaufsmöglichen, Freizeitangeboten und öffentlichen Grün- und Freiflächen wie zum Beispiel dem «Klybeckpark» am Rhein. Alle Interessierten können sich übrigens ein Bild von den Testplanungen im Info-Center «klybeckplus» im Personalrestaurant Klybeck an der Mauerstrasse 1 machen.
Jedes Quartier braucht ein Zentrum, eine Seele oder ein Herz – wie sehen die diesbezüglichen Überlegungen aus?
Die vier eingeladenen Planungsteams haben zusammen mit Landschaftsarchitekten und Verkehrsplanern verschiedene Szenarien entwickelt, wie sich die heute nicht mehr als Industrieareal benötigten Flächen zu einem gemischt genutzten Stadtquartier entwickeln lassen. Durch die Öffnung des Areals soll zudem eine Vernetzung zwischen Kleinhüningen, Klybeck, Horburg und Matthäus sowie von Basel Nord entstehen. Was den Mittelpunkt des neuen Quartiers anbelangt, ist zum Beispiel an der Schnittstelle von Klybeck- und Mauerstrasse der «Klybeckplatz» als Herz des neuen Quartiers mit stadtweiter Ausstrahlung für Kultur, Ausbildung und Wohnen – mit einem vergrösserten «Horburgpark» – eine sich abzeichnende und sinnvolle Möglichkeit. Hier soll auch ein Verkehrsknotenpunkt mit Tramlinien und S-Bahn entstehen.
Apropos Verkehr: Wie gross werden die diesbezüglichen Veränderungen sein?
Die verkehrsspezifischen Bedürfnisse eines neuen Quartiers werden durch den Ausbau des OeV und durch neue Möglichkeiten der Arealdurchquerung per Velo und zu Fuss aufgefangen. Dann braucht es aber auch eine angemessene Erschliessung des Areals für den motorisierten Individualverkehr. Besonders günstig ist der über den Wiesekreisel direkt erreichbare Autobahnanschluss an das Gesamtareal, was das Quartier nicht so belastet.
Wie viele Gebäude werden nun im Zuge des Projektes abgerissen und welche bleiben bestehen?
Selbstverständlich ist der Umgang mit bestehenden Bauten bereits diskutiert worden. So weit wie möglich sollen demnach bestehende Gebäude erhalten bleiben, da sie teilweise grosses Transformationspotenzial besitzen und zudem identifikationsstiftend sind. Ihr Erhalt muss allerdings für die Eigentümer tragbar sein.
Wann ist das neue Quartier als Gesamtheit Realität?
Zum einen sind die Planungen ja noch längst nicht abgeschlossen und werden – weiterhin unter Mitwirkung der Bevölkerung – laufend weitergeführt, denn das bebaute Insdustriequartier wird nicht von Grund auf neugestaltet, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg Schritt für Schritt verändert. Erfahrungsgemäss dauert die Planung bis zur Rechtskraft der notwendigen Zonenänderungen und Bebauungspläne oder allfälligen politischen Entscheiden einige Jahre. Punktuelle Massnahmen, die Öffnung kleiner Teile des Areals oder neue gewerbliche Nutzungen wären allerdings schon früher möglich. Nach Eintritt der Rechtskraft der planungsrechtlichen Massnahmen werden auf Grundlage weiterer Verfahren – zum Beispiel durch Wettbewerbe – Teilgebiete entwickelt werden können. Insgesamt gehen wir von einem Zeithorizont von 15 bis 20 Jahren aus.