Kündigungsinitiative: Kein unüberlegtes handeln

von Gabriel Schweizer

Gabriel Schweizer, Leiter Aussenwirtschaft Handelskammer beider Basel

Die Bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU sind eine grosse  Erfolgsgeschichte und geniessen in der Bevölkerung breite Unterstützung. Sie erlauben unserem Land eine enge Zusammenarbeit mit unserem wichtigsten Handelspartner unter maximaler Beibehaltung unserer Souveränität. Die Region Basel profitiert als führender Export- und Forschungsstandort besonders von der engen Anbindung an die EU. Gut ein Viertel aller Schweizer Ausfuhren in die EU stammt aus den beiden Basel. Jeder zweite
Arbeitsplatz im Kanton Baselland hängt vom Export in die EU ab. Für Schweizer Hochschulen, wie die Universität Basel, sind der unkomplizierte Zugang zu europäischen Talenten und die Anbindung ans europäische Forschungsprogramm entscheidende
Erfolgsfaktoren.

Initiative zerstört den bilateralen Weg, ohne eine Alternative zu bieten. Die Kündigungsinitiative – auch bekannt als Begrenzungsinitiative –, über die wir voraussichtlich am 17. Mai 2020 abstimmen, möchte die Errungenschaften des bilateralen Wegs über Bord werfen. Sie fordert die Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens, was aufgrund der Guillotine-Klausel das Ende sämtlicher Bilateralen Verträge I bedeuten würde, darunter wichtige Abkommen im Bereich der Forschung und der technischen Handelshemmnisse. Dabei bieten die Initianten keine Alternative, wie die Schweiz den Zugang zum EU-Markt sonst sichern könnte. Eine Annahme der Initiative würde uns auf  Feld eins zurückwerfen. Was über Jahre erfolgreich verhandelt wurde, müsste von Neuem angegangen werden.

Stabile Beziehungen sind in global unsicheren Zeiten unverzichtbar. Aber nicht nur aus wirtschaftlicher, auch aus politischer und gesellschaftlicher Sicht steht viel auf dem Spiel. Als kleine, offene Volkswirtschaft ist die Schweiz wie kein anderes Land auf reibungslose
Handelsbeziehungen angewiesen. Das globale Handelssystem ist zurzeit einer grossen Belastungsprobe ausgesetzt. Die beiden grössten Wirtschaftsmächte der Welt, die USA und China, stehen in einem Wirtschaftskrieg, dessen Länge und Ausgang zurzeit schwer abzuschätzen sind. Die Welthandelsorganisation WTO, die seit 1995 die weltweiten
Handelsbeziehungen regelt, steckt seit Längerem in einer Reformkrise. Ihr erfolgreiches
Streitschlichtungssystem ist aufgrund der US-Blockade seit Kurzem ausser Gefecht gesetzt.
Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ist nur ein weiteres
Symptom des weltweit zunehmenden Protektionismus. Gerade in dieser schwierigen Zeit
ist es für die Schweiz unverzichtbar, stabile Beziehungen zu unserem wichtigsten Handelspartner zu pflegen.

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