«Liestal ist zum Shoppingcenter geworden»

Interview mit Thomas Bretscher von Niggi Freundlieb | Fotos: Fotolabor Spiess AG

In rund neun Monaten Bauzeit ist in Liestal die Rathausstrasse erneuert und Anfang Dezember 2017 festlich eröffnet worden. Zwischen Törli und Regierungsgebäude ist eine 220 Meter lange, trottoirlose, und damit frei begehbare Strassenfläche entstanden, die zum Shoppen und Verweilen einlädt.

Zusätzlich wurden neun ovale Sitzbänke installiert. Granit-Steinbänder, die sich zur Strassenmitte hinziehen, unterbrechen die Strassenfläche und bilden 54 Vorplätze vor den historischen Fassaden der Rathausstrasse und können so von den Ladengeschäften oder Gastronomiebetrieben genutzt werden. Ebenfalls saniert wurden die Salzgasse und die Spitalgasse. Die Baukosten beliefen sich auf vier Millionen Franken.

Über das Projekt sprach der GESCHÄFTSFÜHRER mit «Stedtli-Entwickler» Thomas Bretscher, der massgeblich an der Entwicklung der Rathausstrasse beteiligt und vom Liestaler Stadtrat beauftragt worden war, die Stadt im Konkurrenzumfeld von Einkaufstourismus sowie Online-Handel zu begleiten und insbesondere im Bereich der zu sanierenden Rathausstrasse neu aufzustellen. Thomas Bretscher ist Inhaber der «Retail Impulse GmbH», welche als ganzheitliche Begleiterin, Prozessgestalterin und Umsetzerin in allen branchenübergreifenden Fragen zu urbanen Retail Gesamtkonzepten, Sales Strategien und Retail Coaching tätig ist.

Haben sich Ihrer Wahrnehmung nach die baulichen Massnahmen in der Rathausstrasse gelohnt?

„Es ist ein attraktiver Boulevard mit hoher Aufenthaltsqualität entstanden. Der vorhandene Raum hat sich in der Wahrnehmung verdoppelt. Ladengeschäfte und Gastronomiebetriebe haben nun markant mehr Platz erhalten und können ihre Gastronomie-Angebote draussen präsentieren und herausstuhlen.“

Konnte für alle leerstehenden Ladengeschäfte Mieter gefunden werden?

„Es sind neue Läden gekommen, und in der Rathausstrasse gibt es keinen Leerbestand mehr! Hausbesitzer konnten überzeugt werden, dass auch sie auf Dauer von attraktiven Ladengeschäften in ihren Liegenschaften profitieren.“

Genügen bauliche und administrative Massnahmen, um die Menschen ins Stedtli zu locken?

Sie sind nur ein Teil von mehreren Massnahmen. Zur Attraktivitätssteigerung ist zum Beispiel der Weihnachtsmarkt von drei auf fünf Tage verlängert und die Zahl der Verkaufsstände von 75 auf 100 erhöht worden. Der bisher viermal jährlich stattfindende Warenmarkt wird auf einen Frühlings- und Herbstmarkt halbiert. Dafür soll sich der Markt-Perimeter neu über die ganze Altstadt – inklusive Salzgasse – erstrecken und mit einem Chilbi-Betrieb am Fischmarkt ergänzt werden. Zwei Mal im Jahr wird es im Bereich Kanonengasse/Zeughausplatz einen Flohmarkt geben. Und ab Ende März findet jeden Samstag in der Rathausstrasse ein «Genussmarkt Liestal» mit regionalen Produkten statt. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Stadt und KMU-Liestal wurden verschiedene Handlungsfelder definiert, welche Massnahmen in Bereichen wie zum Beispiel Förderung der Attraktionen im Stedtli, Modernisierung des Service-, Retail- und Gastronomieangebotes, Mobilität und Erreichbarkeit, Rahmenbedingungen für den öffentlichen Raum oder eigene Coaching-Programme für den Detailhandel beinhalten. Unser Ziel ist es, aus dem Stedtli einen Treffpunkt mit hoher Aufenthaltsqualität zu machen, wo sich die Menschen nicht als Kunden, sondern als Gäste fühlen – und dadurch ihre Verweildauer erhöhen.

Thomas Bretscher