Mit Reto Baumgartner als Spieler schaffte der FC Basel 1994 den Wiederaufstieg in die damalige Nationalliga A. Nachdem er bereits seit 2009 Vorstandsmitglied des Vereins war, wurde er im November 2020 mit über 90 Prozent der abstimmenden Mitglieder zum Vereinspräsidenten des FC Basel 1893 gewählt.
Seitdem er dann 2021 noch zum Präsidenten der Verwaltungsräte der FC Basel Holding AG und der FC Basel 1893 AG berufen wurde, nahm Reto Baumgartner, der starke Unterstützung von den Fans geniesst, Einsitz in alle Gremien der FCB-Gruppe und wurde – unabhängig von allen Aktionären – zum wichtigen Bindeglied des FCB.
Nachdem der gebürtige Wettinger nach dem erfolgreichen Wiederaufstieg des FCB in die Nationalliga A seine Karriere als Profifussballer verletzungsbedingt beenden musste, wechselte Reto Baumgartner zum Beachsoccer und wurde mit dem Schweizer Nationalteam 2005 in Moskau Europameister. In der Folge trainierte er unter anderem das Beachsoccer- Team des FC Basel und das Frauen-Nationalteam.
Beruflich bildete er sich nach der kaufmännischen Ausbildung zum eidgenössischen Personalfachmann und zum Master Betriebswirtschaft weiter und arbeitete während neun Jahren – zuletzt als Lehrlingsverantwortlicher – für die Manor AG. 2001 wechselte er zum Gewerbeverband Basel-Stadt, bei dem er als Vizedirektor und Leiter Personal sowie Berufsbildung tätig ist.
Im Interview mit dem «Geschäftsführer» definiert Reto Baumgartner seine Rolle in der FCB-Gruppe und spricht über seine Ziele.
«Geschäftsführer»: Sie sind Vereinspräsident des FC Basel, VRPräsident FC Basel 1893 AG sowie VR-Präsident FC Basel Holding AG. Wie mächtig ist Reto Baumgartner effektiv beim FCB?
Reto Baumgartner: Meine Wahl hat an den neuen Besitzverhältnissen und Machtstrukturen nichts geändert. Der Verein FC Basel vertritt 25 Prozent der FC Basel 1893 AG. Die restlichen Aktien gehören der FC Basel Holding AG. Dort hält David Degen 40 Prozent der Aktien, den Rest halten weitere Personen. Ich selbst besitze keine Aktien. Als FCB-Präsident bin ich integratives Bindeglied zwischen den verschiedenen Gremien, kann Inputs und Denkanstösse geben oder die Unabhängigkeit des Vereins stärken. Für mich persönlich geht es nicht darum, wie viel Macht ich habe, sondern wie ich helfen kann, den FCB weiterzubringen.
Sie geniessen grossen Rückhalt bei den Fans und den Clubmitgliedern, wichtige operative Entscheide den FCB betreffend werden aber anderswo getroffen. Welche Botschaften können Sie als FCBPräsident den Mitgliedern und Fans vermitteln?
Im Verbund mit den neuen Führungsstrukturen sehe ich es als eine meiner Hauptaufgaben, für die Fans, die Mitglieder, für die Stadt und für die ganze Region das Vertrauen in den FCB wiederherzustellen, damit wir zum Beispiel auch unser Ziel erreichen, 20’000 Jahreskarten verkaufen zu können und sportlich wieder erfolgreich zu sein. Die Menschen sollen sich wieder freuen, ins Stadion zu gehen, sich am FCB erfreuen und dementsprechend auch wieder Feste feiern können. Ich möchte beim FCB mit neuem Schwung positive Veränderungen bewirken. Vor allem gilt es, dass die Menschen wieder stolz auf «ihren» FCB» sind, bei dem ja nicht nur einfach Fussball gespielt wird, sondern der auch ein KMU und somit Arbeitgeber ist.
Inwieweit helfen Ihnen ihre beruflichen Erfahrungen beim Gewerbeverband Basel-Stadt?
Ich denke, in den 20 Jahren, in denen ich bis jetzt beim Gewerbeverband tätig war, konnte ich viel Sozial- und Führungskompetenz sammeln und mich in der Region gut vernetzen. Ich habe gelernt, zuzuhören, auf Menschen einzugehen und einvernehmliche und sozialverträgliche Lösungen zu finden. Zusammen mit meinem sportlichen Fachwissen als ehemaliger Profifussballer kann ich dem FCB in vielen Bereichen nützliche Dienste erweisen.
Wer ist nun der starke Mann beim FCB? David Degen?
David Degen hat klar kommuniziert, dass es keine Alleinherrschaft beim FCB mehr geben wird und die Arbeit unter der neuen Führung, welche sich durch grosse Sport- und Finanzkompetenz auszeichnet, auf mehrere Schultern verteilt wird. Ich erlebe David Degen als sehr kommunikativ und tatkräftig. Er «brennt» Tag und Nacht regelrecht für den FCB. Ihm – und auch den anderen Entscheidungsträgern – geht es nicht darum, sich persönlich zu profilieren, er und wir wollen einfach einen
guten Job machen.
Wie haben Sie rückblickend die vergangenen turbulenten Zeiten rund um den FCB erlebt?
Natürlich hatte ich mir zeitweise grosse Sorgen gemacht, teilweise grossen Groll in der Stadt gespürt – dazu kam ja dann noch die Pandemie. Ich habe aber auch viel Solidarität und Kreativität der Fans erlebt. Als positiv denkender Mensch möchte ich aber nicht mehr zurückdenken und schaue mit viel Optimismus in die Zukunft.
Seit Patrick Rahmen Trainer ist, läuft es beim FCB auch sportlich wieder vielversprechend. Wird der FCB Schweizer Meister?
Meine Fähigkeiten als Prophet sind leider beschränkt, aber ich halte es durchaus für möglich. Zumindest sind die Chancen intakt, dass sich der FCB ganz oben in der Tabelle platzieren wird.