Die gesamten Wertschöpfungsketten der Automobilbranche sind im Umbruch. So steht die E-Mobilität vor der Tür und die Jugend hat andere Mobilitäts- und Wertevorstellungen. Was bleibt, ist der Anspruch, qualitativ hochwertige Leistungen zu bekommen.
Bei Carmosphere arbeiten keine Autoschrauber, sondern Perfektionisten mit Stil. Überall an den Wänden hängen Bilder und durchdachte Details, die die Leidenschaft von Stephan und Fiona Marti widerspiegeln.
«Geschäftsführer*in Basel»: In Ihrem Firmennamen Carmosphere schwingt der Name Atmosphäre mit. Das ist vermutlich beabsichtigt. Was soll bei Kunden und potenziellen Kunden damit ausgelöst werden? Fiona Marti: Ja, es ist definitiv beabsichtigt. Es ist die englische Mischung aus car = Auto und atmosphere = Atmosphäre. Kunden, die bei uns in die Firma kommen, sind meistens sehr beeindruckt. Unsere Garage ist keine herkömmliche Werkstatt mit dunklem Boden und dreckigen Putztüchern in den Ecken. Unsere Werkstatt ist sehr hoch, was einem ein Gefühl von Freiheit gibt. Der Boden ist hellgrau gestrichen und immer sehr sauber. Die ganze Werkstatt ist stets aufgeräumt. Jeder Kunde, der bisher bei uns war, ist bei uns geblieben. Dies ist für uns eines der grössten Komplimente, die es gibt. Das Ganze ist eine Mischung aus Stephans absolutem Drang zur Perfektion und meinem Auge fürs Detail. Wir ergänzen uns und kreieren somit eine Autoatmosphäre, die es sonst nur selten gibt – eine sogenannte Carmosphere.
Früher hiess dies Reparatur- oder Autowerkstatt. Das klingt nüchtern. Bei Ihnen sind Autos mit Emotionen besetzt. Wie drückt sich das aus? Stephan Marti: Wir beide haben bereits als Kind durch unsere beiden Väter viel mit Autos in Verbindung gebracht. Die beiden sind auch heute noch leidenschaftliche Oldtimerfahrer und Besitzer. Dadurch wurde uns schon als Kind die Grundtechnik des Automobils beigebracht. Fiona fuhr bereits mit dem Lernfahrausweis bei einer Oldtimerausfahrt mit und bald nach ihrem Führerschein hat ihr Vater ihr das Grundeinmaleins des Fahrens beigebracht. Dies mit einem Oldsmobile von 1903 und einem Opel Torpedo von 1914. Unsynchronisierte Getriebe sind also kein Problem.
Ich war schon immer fasziniert vom Auto und war bei den Ausfahrten mit meinem Vater stets gerne dabei. Auch die Geschwindigkeit hat mir immer sehr viel Freude bereitet. Zum Glück durfte ich mit meinem Firmgötti und seinem Sohn, meinem besten Freund, mit ihren Renn-Karts fast jedes Wochenende mitfahren. Mit 14 Jahren, bekannt als schnellster Töfflibueb in Muttenz, durfte ich mit meinem Vater bei der Mille Miglia in Italien starten. Das ganze Event hat mich sehr beeindruckt. In erster Linie machte es mir sehr viel Spass zuzusehen, wie schnell alle durch die Strassen von Italien bretterten und links und rechts eine Horde voll glücklicher Zuschauer stand. Was mich dann jedoch richtig gepackt hat, war den Fahrzeugpannen zuzusehen. Kaum blieb das Fahrzeug stehen, kam hinten ein Transporter angefahren, aus dem mindestens zwei Mechaniker mit dem Werkzeugkoffer heraussprangen. In null Komma nichts war das Fahrzeug repariert und konnte weiterfahren. Dies hat mich so fasziniert, dass ich unbedingt die Technik des Fahrzeugs verstehen und lernen wollte.
Haben Sie hier eine Marktlücke vor der Gründung Ihres Hauses gesehen? Ja, hierbei haben wir zwei Aspekte gesehen. In erster Linie haben wir bemerkt, dass viele Personen sehr unzufrieden mit ihrer Garage sind. Es gibt zwei verschiedene Fahrzeugbesitzer: Die einen sehen ihr Fahrzeug eher als Gebrauchsgegenstand, mit dem man von A nach B kommt, die anderen lieben und beherbergen ihr Fahrzeug und sehen es als Spielzeug, Schätzchen oder Wertanlage. Doch beide wollen dasselbe: Sie möchten ab der ersten Sekunde, in der man mit den Garagisten in Kontakt kommt, ernst genommen und verständlich beraten werden. Zweitens möchten Sie ein sauberes repariertes Fahrzeug wieder abholen. In der Zeit dazwischen ist Vertrauen und Kommunikation zwischen dem Garagisten und dem Kunden das A und O.
Die zweite Marktlücke, die wir gesehen haben, war, dass man für Service und Reparaturen zum «normalen» Garagisten musste. Sobald man jedoch etwas Spezielleres wie eine Tieferlegung, eine Auspuffanlage oder sonstige Modifizierungen möchte, musste man zum sogenannten «Tuner». Dies ist für die meisten schon ärgerlich genug, doch der richtige Ärger kommt danach. Hat man plötzlich ein Problem mit dem Fahrzeug, zum Beispiel ein komisches Knackgeräusch am Fahrwerk, kann man nirgends mehr hin. Der Tuner schickt dich zur normalen Garage, da er solche Arbeiten nicht macht. Der Garagist schickt dich zum Tuner, sobald er merkt, dass hier etwas umgebaut wurde. Was hier ganz klar fehlt, ist das nötige Wissen aus beiden Sparten.
Deshalb bieten wir bei uns das Komplettpaket an – unser sogenanntes «all-inhouse»-Prinzip. Denn durch unsere beiden Ausbildungen und Erfahrungen in der Werkstatt haben wir natürlich genügend Wissen, um alle Reparaturen am Fahrzeug durchführen zu können. Durch unsere Leidenschaft und Passion fürs Tuning haben wir uns in den letzten zehn Jahren genug Wissen angeeignet, um unsere Kunden ordentlich beraten und Fahrwerke, Auspuffanlagen oder Leistungssteigerung anbieten zu können.
Ihr Angebot umfasst die üblichen Themen und einige mehr. Was ist denn an Ihren Dienstleistungen eher ungewöhnlich? Das Ungewöhnlichste, was wir anbieten, ist auf jeden Fall die Lackschutzfolie. Diese gewinnt zurecht immer mehr an Bekanntheit und ist ein grosser Trend bei den Fahrzeugen in höheren Preisklassen. Die Lackschutzfolie wird anhand von vorgefertigten Schablonen am Fahrzeug angebracht. Somit müssen wir nie am Lack schneiden, so wie man es von herkömmlichen Farbfolierungen kennt. Die Lackschutzfolie ist praktisch unsichtbar und verleiht dem Fahrzeug zusätzlich noch einen leichten Glanz. Viele Sportwagen haben einen sehr diffizilen Lack. Dies hat den Grund, dass die meisten hochwertigen Fahrzeuge in ein sogenanntes Lackbad eingetaucht werden. Durch dieses Verfahren erzielt man eine sauberere Lackierung und eine kleine Gewichtsersparnis des Gesamtfahrzeugs. Dies erbringt auf der Rennstrecke einen grösseren Vorteil, auf der Strasse im Alltag kann es jedoch sehr ärgerlich werden, da der Lack dementsprechend anfälliger für Kratzer und Steinschläge ist. Mit der Lackschutzfolie kann man hier massiv entgegenwirken. Natürlich ist es zudem eine enorme Wertanlage, da man beim Fahrzeugverkauf die Folie abziehen lassen kann und das Fahrzeug danach im Originallack ohne Kratzer und Steinschläge dasteht.
Es gibt die These, dass für eine junge Generation das Auto nicht mehr ein Statussymbol, sondern ein Fortbewegungsmittel unter vielen ist. Sehen sie das auch so und wie reagieren Sie darauf? Fiona Marti: Teilweise ja, teilweise nein. Einerseits sind viele Jugendliche sehr engagiert für die Umwelt und möchten daher so gut es geht auf ein Auto verzichten. Andererseits ist die Jugend von heute mit einem enormen Wohlstand aufgewachsen, auf den viele nicht verzichten wollen und können. Wir merken immer mehr, dass Neulenker sich nicht überlegen, ob sie genug Geld für ein Fahrzeug haben, sondern ob sie sich die Leasingrate leisten können. Der gesellschaftliche Druck ist enorm. Sehen Sie sich unsere Strassen an, man sieht so gut wie keine verrosteten, alten Fahrzeuge mehr herumfahren. Autos mit über 200’000 Kilometer werden weggeworfen respektive als Export in andere Länder verschickt. Heutzutage wollen und können die Jungen nicht mehr in einem Golf 4 für 4000 Franken herumfahren. Die Junglenker brauchen Mercedes AMGs, einen BMW M, Cupras, die «Crème de la Crème» der Fahrzeugmarken. Diese Fahrzeuge brauchen dann aber noch eine andere Auspuffanlage, eine Tieferlegung, vielleicht noch mehr Leistung oder eine Lackschutzfolie an der Front, sodass bei Leasingablauf keine Lackgebühren abgezogen werden. Da kommen wir dann ins Spiel.
Die Automobilbranche und ihre Wertschöpfungsketten stehen vor einem Umbruch. Das Elektroauto kommt. Spüren Sie diese Veränderungen und wie reagieren Sie darauf? Natürlich spüren wir den Run auf Elektrofahrzeuge. Er ist noch nicht so ausgeprägt, wie es die Regierung gerne hätte, trotzdem ist er da. Wir selbst finden Elektrofahrzeuge spannend. Wir denken, der Elektroantrieb ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung – in Bezug auf die Fahrzeugentwicklung. Wenn es so weiter geht, kann es auch durchaus sein, dass die Wasserstoffmotoren den absoluten Durchbruch bringen. Ich denke, es wird immer Fahrzeugliebhaber geben, egal mit welchem Antrieb diese Fahrzeuge nun laufen. Auch ein Elektrofahrzeug kann tiefergelegt werden, das haben wir bereits mit mehreren Teslas gemacht. Zu einem Porsche Taycan wird es weiterhin schöne Zubehörfelgen geben, die man montieren kann. Wir sind da auf jeden Fall offen und heissen jedes Fahrzeug willkommen. Ich finde, man muss immer mit der Zeit mitgehen. Deshalb besuchen wir auch Schulungen in Bezug auf Elektroantriebe und sind offen für Neues.