Mit Multi-Channel-Strategie in die Zukunft

Interview mit André Moesch von Niggi Freundlieb

Seit August ist André Moesch neuer CEO von Telebasel. Damit wurde die Stelle der operativen Leitung, welche seit gut einem Jahr unbesetzt war, von einem Profi mit Basler Wurzeln und Vergangenheit übernommen, der über langjährige Führungserfahrung und technisches Know-how in den elektronischen Medien verfügt.

André Moesch studierte Deutsch und Geschichte an der Universität Basel und lernte den Journalistenberuf von der Pike auf. Er war Chefredaktor des damaligen Radio Raurach, Redaktionsleiter von Radio Basilisk und Redaktionsleiter bei DRS3, bevor er nach St. Gallen zu Radio Aktuell wechselte. In der Ostschweiz heimisch geworden, wurde er dann Leiter elektronische Medien Ostschweiz der NZZ-Mediengruppe und übernahm die Gesamtverantwortung von TVO, Radio FM1, Radio Melody und FM1Today.

Nach der Fusion der NZZ-Regionalmedien und der AZ-Medien zu CH Media fungierte André Moesch als Leiter TV / Radio Ost- und Zentralschweiz (TVO, Tele1, Radio FM1, Radio Pilatus). 2019 wurde er zum Leiter Public Affairs und Events sowie zum Mitglied der Geschäftsleitung Entertainment (Radio, TV, Filmvertrieb) bei CH Media berufen. In diesen Funktionen baute er den neu geschaffenen Event-Bereich aus und brachte sein Know-how in den Bereichen Entwicklung und Konvergenz ein und verantwortete für CH Media alle medienpolitischen Themen sowie die Beziehungen zu den Behörden. Seit 2012 ist André Moesch zudem Präsident von Telesuisse, dem Verband der Schweizer Regionalfernsehsender.

«Geschäftsführer»: Nach vielen Jahren in der Ostschweizer Fremde hat es Sie wieder in die Heimat gezogen. Haben Sie schon wieder Fuss gefasst?
André Moesch: Im Moment bin ich Wochenaufenthalter in Basel und kehre jeweils an den Wochenenden zurück zur Familie in unser Haus im Toggenburg. Im Moment stimmt das so für mich. Obwohl ich lange von Basel weg war, habe ich nach wie vor viele Kontakte hier, und als Präsident von Telesuisse bin ich natürlich mit Telebasel und seiner Entwicklung genau vertraut.

Sie hatten bei CH Media einen verantwortungsvollen Job. Weshalb haben Sie sich für den Posten als CEO bei Telebasel beworben?
Es stimmt, bei CH Media hatte ich eine tolle Zeit, aber in mir reifte der Entschluss, wieder näher an die journalistische Basis – aus der ich ja eigentlich komme – zu rücken. CH Media ist mittlerweile ein grosser Konzern und dementsprechend sind die Entscheidungswege und die Realisierung von konkreten Projekten komplex und auch etwas schwerfälliger geworden. Ich hatte aber Lust, konkret etwas bewegen zu können, und dafür ist Telebasel mit seiner überschaubaren und innovativen Dynamik genau der richtige Ort.

Der CEO soll nun aber bei Telebasel lauf Vorgaben der Stiftung keinen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Programms nehmen. Sie selbst aber haben in einem Interview die Absicht geäussert, den Sender wieder so zu positionieren, dass er «politisch relevant» sei – ein Widerspruch?
Nein. Die Chefredaktion unter der Leitung des neuen Chefredaktors ist Teil der Geschäftsleitung und weiter verantwortlich für die Programminhalte. Weder der CEO noch die Stiftung nehmen darauf Einfluss. Zu den Aufgaben der Stiftung und des CEO gehört allerdings, darüber nachzudenken, welche Angebotsstrategie für Telebasel richtig ist. Grundlagen dazu bilden unter anderem auch Resultate aus der Marktforschung und Feedbacks aus dem Publikum. Dementsprechend ist es meine Aufgabe, strategische Überlegungen und Lösungen zu entwickeln, die dann für die Praxis im Rahmen unserer Multi-Channel-Strategie umgesetzt werden müssen. Ein Kernziel ist dabei, die journalistische Kompetenz des Senders zu stärken und Telebasel als relevantes, tagesaktuelles Medium in der Region zu positionieren.

Und was beinhaltet diese Multi-Channel-Strategie?
Der Online-Bereich wird in wenigen Jahren wichtiger sein als das TVProgramm. Bereits jetzt stellen wir eine markant stärkere Zunahme bei der mobilen Nutzung im Vergleich zum TV-Bereich fest. Diesem Trend folgend müssen wir also verschiedene, dem jeweiligen Nutzungsverhalten des Publikums angepasste Programmformate anbieten. Der Schlüssel dazu heisst «Konvergenz».

Das heisst nichts anderes, als dass die Redaktion weiterhin das klassische TV-Publikum mit gut recherchierten politischen Informationen und Hintergründen versorgt, gleichzeitig aber auch ein jüngeres Publikum auf den digitalen Kanälen anspricht. Dazu dürfen dann ruhig auch Unterhaltungsoder Lifestyle-Inhalte gehören. Zu meinen Aufgaben wird es deshalb auch gehören, die richtige Mischung aus jungen und erfahrenen Journalisten für die Redaktion zusammenzustellen, um diesen Spagat zwischen den verschiedenen Nutzungsbedürfnissen zu ermöglichen.

Ab 2028 fallen die Kabelnetzabgaben weg. Dem Sender fehlen dann auf einen Schlag rund 1,6 Millionen Franken – ein gutes Fünftel des Budgets. Wie wollen Sie diese Ausfälle kompensieren?
Einerseits werden die Online-Erträge wachsen – eine Entwicklung, die wir bereits jetzt beobachten – und andererseits müssen wir neue Geschäftsfelder erschliessen mit Angeboten, die in unserer Kernkompetenz liegen. Naheliegend wären beispielsweise Produktionen im audiovisuellen Bereich.

Vom analogen TV zum digitalen Multi-Channel-Anbieter
Die Anfänge von Telebasel gehen auf das Jahr 1989 zurück, als unter dem Titel «Teleregio» aus der Mustermesse für die 5000 Kunden des damals entstehenden Balcab-Netzes ein dreitägiger Fernsehversuch ausgestrahlt wurde. Unter dem Namen «Stadtkanal» wurde dem Sender 1991 vom Eidgenössischen Verkehrs- und Wirtschaftsdepartement eine Versuchserlaubnis erteilt. 1993 ging der «Stadtkanal» mit «7 vor 7» auf Sendung. 1997 wurde der «Stadtkanal» in «Telebasel» umbenannt. Seither wurde der Sender programmlich, technisch und personell schrittweise ausgebaut. 2003 wurde erstmals die Schallmauer von täglich 100’000 Zuschauern durchbrochen. Im Oktober 2007 wurde der Sendebetrieb von der Austrasse an die Steinenschanze verlegt. Als erster Sender der Schweiz stellte Telebasel das Programm vom 4 : 3- auf das 16 : 9-Format um. Im Jahr 2009 vollzog Telebasel einen weiteren Ausbauschritt. Ausgebaut wurden Programm, publizistischer Anspruch, Produktion, Personalbestand, Budget und Qualitätssicherung. Anfang 2016 wurde Telebasel einem Relaunch unterzogen und man begann, die neue Multi-Channel-Strategie umzusetzen. Diese beinhaltet die wachsende Nutzung des Programms mobil via App und / oder über das Internetportal des Senders. Damit hatte Telebasel als erster Regionalsender in der Schweiz Neuland betreten und bedient als Pionier in der Schweizer Regional-TV-Landschaft seither gleichermassen TV- und mobile Nutzer und trägt den veränderten Sehgewohnheiten der Zuschauer Rechnung. Inhaberin der Sendekonzession ist die unabhängige Stiftung Telebasel. Samstag 10.00 – 16.00 Uhr

www.telebasel.ch