Nachfolgeplanung als Herausforderung für KMU

VON CHRISTIAN ITEN

In vielen KMU wird die Nachfolgereglung zu lange aufgeschoben. Dies kann zu schwierigen Situationen führen. Experten raten, sich möglichst frühzeitig mit der Unternehmensübergabe auseinanderzusetzen. Um das Unternehmen möglichst attraktiv zu machen, ist es von Vorteil, die Verantwortung im Betrieb auf möglichst viele Schultern zu verteilen.

Die Nachfolgeplanung ist für kleine und mittlere Unternehmen in der Schweiz ein Thema, dem manchmal zu wenig sowie zu spät Rechnung ge- tragen wird. Wird die Suche nach einem Nachfolger zu lange aufgeschoben, kann das zu einem Problem werden. 2022 waren von den 614’247 im Handelsregister eingetragenen Unternehmen 93’009 auf der Suche nach einer Nach- folgelösung, wie aus einer Erhebung der Inkassogesellschaft Dun&Bradstreet hervorgeht. Vor allem kleineren Unternehmen bereitet die Nachfolgersuche Mühe. Knapp 15 Prozent der Schweizer Unternehmen mit einem bis 49Beschäftigten sind von Problemen bei der Nachfolgeregelung betroffen. Dagegen ist die Nachfolgefrage nur bei 7.9 Prozent der Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden ungelöst.

UNTERNEHMENSÜBERGABE
BENÖTIGT VIEL ZEIT

Eine Studie der Credit Suisse und der Universität St. Gallen, ebenfalls aus dem Jahr 2022, analysierte die sequenzielle Abfolge einzelner Übergabeschritte bei einem durchgeführten Nachfolgeprozess. Es zeigte sich, dass die Unternehmens- übergabe meist bis zuletzt hinausgezögert wird. In rund 80Prozent der realisierten Unternehmensnachfolgen während der letzten zehn Jahre erfolgte die Übergabe gesundheits- oder altersbedingt. Dabei kam in mehr als der Hälfte der Übergaben eine familieninterne Lösung zum Zug. Die Unternehmensübergabe braucht Zeit. Falls die Geschäftsführung sowie das Eigentum gleichzeitig übergeben werden, dauert die Übergabe gemäss der Studie rund sechs Jahre. Bei der schrittweisen Übergabe von Geschäftsführung und Eigentum dauert der gesamte Prozess rund 14 Jahre und nicht selten sogar noch länger.

FRÜHZEITIGE PLANUNG EMPFOHLEN
Was können KMU tun, damit sie rechtzeitig einen Nachfolger für die Geschäftsführung finden? «Da jedes Unternehmen einzigartig ist, sind auch die passenden Nachfolgelösungen individuell zu betrachten», sagt Michael L.Baumberger, Leiter KMU-Kunden der Basler Kantonalbank. Baumberger empfiehlt, die Nachfolge frühzeitig zu planen. Auf der einen Seite ermöglicht dies, die verfügbaren Optionen für die Nachfolge – sei es innerhalb der Familie, durch Mitarbeitende, durch Fusion mit anderen Unternehmen oder via Suche über Treuhänder oder Netzwerkpartner – rechtzeitig zu erkunden und zu analysieren. Andererseits bietet eine frühe Planung die Chance, die Nachfolge sowohl finanziell für das Unternehmen als auch persönlich vorzubereiten. Dies kann die Strukturierung von Geschäftsfeldern wie auch von Vermögenswerten, beispielsweise von vorhandenen Immobilien, einschliessen. Eine frühzeitige Planung ermöglicht ausserdem eine optimale Gestaltung der steuerlichen Situation.

EIN GUTES NETZWERK KANN HELFEN
«Sofern weder innerhalb der Familie noch unter den Mitarbeitern ein geeigneter Nachfolger gefunden werden kann, können manchmal auch Lösungen mit Lieferanten, Kunden oder Mitbewerbern eine gute und nachhaltige Lösungsvariante darstellen», erklärt Michael L. Baumberger. Ein Kontakt für eine «externe» Lösung könne oft auch durch den Treuhänder oder die Bank initiiert werden. Darüber hinaus gebe es professionelle Partner und Netzwerke, die die Unternehmensnachfolge planen und begleiten würden, so Baumberger.
Unterstützung bietet zum Beispiel der Verein «Netzwerk KMU Next», zu dessen Gründung ursprünglich auch der ver- storbene Unternehmer und Nationalrat Otto Ineichen beigetragen hatte. Der Verein bietet einen geschützten Raum für die Entwicklung und Initiierung des Nachfolgeprozesses sowie individuelle Unterstützung und systematische Begleitung in Nachfolgeprozessen. Dabei steht ein professionelles Netzwerk aus erfahrenen Unternehmern, Fachpersonen und Experten zur Verfügung.

Die Basler Kantonalbank selbst bietet ebenfalls professionelle Unterstützung während des gesamten Verkaufsprozesses eines KMU. Insbesondere bei der Übernahmefinanzierung für die neuen Eigentümer und bei der persönlichen Finanzplanung der verkaufenden Partei kann die Bank verschiedene Lösungen anbieten. Für Übernahmefinanzierungen steht das «KMUimpuls»-Programm zur Verfügung. «Zu- dem kann die BKB mit ihrem Netzwerk die richtigen Partner zusammenbringen», sagt Michael L. Baumberger und be- tont: «Wichtig ist, dass auch bei der Nachfolgeplanung der Bankberater als Vertrauensperson frühzeitig einbezogen wird.» Oft lasse sich gemeinsam eine optimale Lösung für den Unternehmer, das Unternehmen und den Käufer finden.

VERANTWORTUNG IM
UNTERNEHMEN AUFTEILEN
Um das Unternehmen für Käufer attraktiv zu machen, sei es wichtig, im eigenen KMU die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen und sowohl ein funktionierendes Stellvertreterprinzip im Unternehmen zu etablieren als auch eine starke zweite Führungsebene aufzubauen, sagt Josef André vom Beratungsunternehmen KERN, das auf die Unterneh- mensnachfolge spezialisiert ist. Idealerweise sei die zweite Führungsebene oder das Kader mit ausreichend Entscheidungsbefugnissen ausgestattet, um auch mit hoher Eigenverantwortung sehr selbstständig zu arbeiten. «Je höher die Inhaberunabhängigkeit eines KMU ist, desto höher ist auch deren Attraktivität für Nachfolger oder Käufer», erklärt Josef André, Inhaber der KERN-Standorte Luzern, Basel und Freiburg im Breisgau.

«Falls es die Grösse des Betriebes zulässt, lohnt es sich, nach Nachwuchsführungskräften im eigenen Unternehmen umzusehen und potenzielle heranwachsende Führungskräfte in jeder Hinsicht zu fördern. In der Mehrheit ist es von immensem Vorteil, wenn der Geschäftsführer-Nachwuchs aus den eigenen Mitarbeiterreihen kommt», erklärt André. Viele Unternehmenskäufer würden diese Möglichkeit sogar zu einer Kaufbedingung machen, weiss der Experte.

EXTERNE EXPERTEN ZURATE ZIEHEN
André weist darauf hin, dass die Nachfolgeregelung meist ein einmaliger Vorgang in der Laufbahn eines KMU-Inhabers darstellt. Es mache daher Sinn, sich an entsprechende Experten zu wenden, die das nötige Know-how mitbringen. Oftmals möchten KMU-Inhaber aus Gründen der Sparsamkeit Beraterkosten vermeiden und versuchen, die Nachfolge auf eigene Faust zu regeln. Josef André beobachtet aber immer wieder, dass dieses Unterfangen schief geht. «Die Kosten eines Beraters wären dann oftmals weitaus geringer gewesen als der Schaden, der durch eine gescheiterte Nachfolge entsteht», sagt er. Als Prozess- entwickler und -begleiter konzentrieren sich die Experten von KERN auf den Unternehmensverkauf, den Generationswechsel (innerfamiliär) und den Unternehmenskauf. Das Beratungsunternehmen pflegt auch einen Nachfolgerpool mit mehr als 300’000 geprüften und qualifizierten Kaufinteressenten. Zu den Dienstleistungen von KERN gehören die Unternehmens- bewertung, die Erstellung der Verkaufsstrategie, die Exposé-Erstellung, die Verhandlungsführung und vieles andere mehr.