Spitzensport und Berufsausbildung kombinieren

Interview mit Vittorio Jenny von Niggi Freundlieb

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Spitzensportlerrinnen und -sportler stehen zu Beginn ihrer Karrieren vielfach vor der Problematik, Training und berufliche Ausbildung unter einen Hut zu bringen. Eine Lösung bietet die Sport Academy Zurich (SAZ), welche es Absolventinnen und Absolventen ermöglicht, innert vier Jahren eine vollwertige Berufslehre zum Kaufmann/zur Kauffrau EFZ (M-, E- oder B-Profil) zu absolvieren und gleichzeitig ihr sportliches Talent mit hoher Intensität weiterzuentwickeln.

Die SAZ ist eine durch das Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Zürich akkreditierte Privatschule. Sie nimmt talentierte Einzel- oder Teamsportler/innen aus allen Sportarten auf. 2010 entstanden, ist die SAZ kontinuierlich gewachsen und zählt mittlerweile rund 80 teilnehmende Sportlerinnen und Sportler aus Sportarten wie Fussball, Golf, Triathlon, Tennis, Schwimmen, Wasserball, Ski alpin, Eishockey oder Fitness. Die SAZ entwickelt ihre Angebote stets weiter; die Kooperation mit dem «Tanzwerk101» zum Beispiel ermöglicht jungen Tanztalenten eine intensive Förderung ihrer Disziplin, ohne dabei die Berufsbildung zu vernachlässigen.

Den schulischen Teil ihrer Berufsausbildung absolvieren die Lernenden der SAZ an der öffentlichen Berufsschule des KV Zürich. Sie sind in Normalklassen integriert und absolvieren die genau gleiche, qualitativ hochstehende Ausbildung wie alle anderen KV-Lernenden. Damit die Lernenden so oft als möglich trainieren und regenerieren können, wird die kaufmännische Ausbildung um ein Jahr verlängert.

Mitbegründer und Mitinhaber der SAZ ist der Basler Vittorio Jenny, CFO von «Pure Urban Retreat» (www.pure-ur.com), an der Bäumleingasse 14 in Basel, welche eine grosse Auswahl an Schönheits- und Wellnessbehandlungen unter einem Dach bietet. In stilistisch einzigartiger Atmosphäre lernen werden die Gäste in die neuesten Produkte und Behandlungen in den Bereichen Haar, Schönheit und Wellness kennen ein. «Pure Urban Retreat» ist dabei auf Marken spezialisiert, die ethisch, natürlich, umweltbewusst und ergebnisorientiert sind, um die Lifestyle-Bedürfnisse ihrer Gäste zu erfüllen. Vittorio Jenny verfügt über langjährige Erfahrungen im Sportbereich. So war er in den 1990er-Jahren Marketing-Direktor der UEFA und Mitinitiator der UEFA Champions League, Geschäftsführer beim FC Basel oder Marketing-Spezialist im internationalen Fussball in verschiedenen führenden Funktionen.

Im Interview mit dem «Geschäftsführer» erklärt Vittorio Jenny, wie wichtig es für angehende Spitzensportlerinnen und Sportler ist, neben ihren sportlichen Aktivitäten eine berufliche Ausbildung zu absolvieren. Assistiert wird er im Gespräch dabei von seinem 17-jährigen Sohn Alessandro, der sich an der Millfield School in England auf die Matura vorbereitet und gleichzeitig intensiv für seine Karriere als 400-Meter-­Hürdenläufer trainiert.

«Geschäftsführer»: Alessandro Jenny, die 400-Meter-Hürdenstrecke ist eine der härtesten Laufdisziplinen – wieso haben Sie sich dafür entschieden?
Alessandro Jenny: Ursprünglich habe ich Fussball gespielt und bin erst mit 14 Jahren zur Leichtathletik gestossen. Ich hatte eigentlich die 100 und 200 Meter im Auge, aber mein Coach hat mich aufgrund meines Körperbaus (gross und schlank) auf die Hürdenstrecke gebracht.

Wie beurteilen Sie die Möglichkeiten, in Millfield gleichzeitig eine Schule – mit dem Ziel Matura-Abschluss – und ein hochstehendes Leichtahletik-Training absolvieren zu können?
Bevor ich nach England kam, habe ich bereits an der Highschool der IMG Academy in von Bradenton in Florida mit einem Stipendium trainiert und parallel dazu die Schule besucht. Dabei habe ich bereits als junger Mensch gelernt, Verantwortung für mich selbst zu übernehmen und dank der Möglichkeiten, Schule und Training am selben Ort zu kombinieren, ziel- und leistungsorientiert mit der Zeit umzugehen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein guter Sportler meistens auch ein guter Schüler ist. In Millfield bereite ich mich nun gleichzeitig auf die Maturaprüfungen in anderthalb Jahren vor und hoffe, gleichzeitig mich sportlich zu verbessern. Während der Ferien trainiere ich übrigens hier in Basel auf den Anlagen meines Heimclubs BSC Old Boys, den ich auch an Wettkämpfen in der Schweiz vertrete.

Welche Ziele wollen Sie nach der Matura verfolgen – geht es mehr in sportliche oder mehr in akademische Richtung?
Das ist im Moment schwierig zu sagen. Als Hürdenläufer sind die finanziellen Aussichten nicht so berauschend wie zum Beispiel im Fussball oder im Tennis, aber darum geht es mir eigentlich auch gar nicht. Natürlich möchte ich sportlich reussieren, und besser werden und für die Schweiz an grossen Wettbewerben starten, aber daneben werde ich auch die Universität besuchen. Was ich studieren werde, weiss ich noch nicht genau, aber möglicherweise geht es in Richtung Diplomatie, Geschichte oder politische Wissenschaften – nicht ganz erstaunlich bei einer portugiesischen Mutter und einem Vater mit italienischen Wurzeln!

Vittorio Jenny, aus den Äusserungen Ihres Sohnes ist deutlich geworden, wie wichtig das Thema «Ausbildung» bei einem Sportler sind ist  – können Sie denn prominente Sportler nennen, welche die SAZ erfolgreich absolviert haben?
Vittorio Jenny: Der YB- und Nationalspieler Christian Fassnacht, der FCZ- und U-Nationalspieler Tom Domgjoni, die Nationalmannschaftsspielerin und erste Schweizer WM-Torschützin der Geschichte, Eseos Aigbogun, welche zurzeit beim FC Paris spielt, oder der FCZ-Fussballer und U-Nationalspieler Maren Haile-Selassie. Im Moment stellen Fussballerinnen und Fussballer zwar noch die Mehrheit – nicht erstaunlich, hat sich doch die SAZ ursprünglich aus dem fussballerischen Umfeld entwickelt –, aber mit der wachsenden Zahl von Absolventen aus anderen Sportarten wird sich auch das bald erweitern.

Können Sie den schulischen beziehungsweise sportlichen Alltag der SAZ-Absolventinnen und -Absolventen schildern?
Der Unterricht an der Berufsschule findet in den ersten beiden Jahren an zwei ganzen Schultagen statt. Die SAZ bietet an zwei Nachmittagen Zusatzunterricht und Lernbegleitung an, damit der schulische Erfolg gesichert werden kann. Die restliche Zeit steht für Trainingseinheiten zur Verfügung. Im dritten Ausbildungsjahr reduziert sich der schulische Teil auf ein Tag Unterricht (Ausnahme M-Profil). Das Betriebspraktikum beginnt mit einem Arbeitsumfang von rund 50 Prozent. Nach dem dritten Jahr werden die schulischen QV-Prüfungen abgelegt. Im vierten Ausbildungsjahr wird das Praktikum weitergeführt; der Arbeitsumfang im Betrieb beträgt 50 bis 70 Prozent. Die betrieblichen QV-Prüfungen folgen zum Schluss der Ausbildung und beenden die Berufsausbildung zum Kaufmann / zur Kauffrau EFZ. Übrigens kann der Zugang zum M-Profil (Berufsmatura) nach erfolgreich absolvierter Aufnahmeprüfung oder bestandener Prüfung an einem Gymnasium oder einer Handelsmittelschule erfolgen. Was die sportliche Ausbildung anbelangt, möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen, dass die kaufmännische Ausbildung um ein Jahr verlängert wird, damit die Lernenden so oft als möglich trainieren und regenerieren können. Die Lernenden erhalten so die Möglichkeit, während ihrer gesamten Ausbildung drei- bis viermal wöchentlich zusätzliche Trainingseinheiten zu absolvieren. Von grossem Vorteil ist die Möglichkeit, die beiden Schultage selber wählen zu können. Das gilt vor allem für Sportler/innen, welche öfters über das Wochenende zu Wettkämpfen oder Turnieren verreisen müssen. An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass die SAZ ihr Angebot auch im schulischen Bereich erweitert hat. Neu bietet sie auch das international anerkannte A-Level-­Progamm sowie das International Baccalaureate an, welche den Absolventinnen und Absolventen den Zugang zu allen Universitäten der Welt ermöglichen.

Welche Voraussetzungen müssen Sportlerinnen und Sportler erfüllen, an der SAZ zugelassen zu werden?
Die sportlichen, schulischen und gesundheitlichen Kriterien können Interessierte auf der Internetseite unter www.sport-academy.ch ersehen. Anmeldeschluss für das Schuljahr  2019 / 20 ist der 30. April  2019. Wichtig zu wissen: Die Lernenden der SAZ müssen – anders als reguläre KV-­Lernende – zu Beginn ihrer Ausbildung keinen Platz in einem Lehr­betrieb nachweisen. Der Betrieb, in welchem die Lernenden später ihr Praktikum absolvieren, wird erst im zweiten Ausbildungsjahr gesucht. Die SAZ unterstützt und begleitet den Prozess der Praktikumssuche professionell.

www.sport-academy.ch