Es gibt fast keinen anderen Bereich, auf den die Schweiz stolzer ist: ihre Berufsbildung. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation teilte im Mai 2021 mit, dass bereits circa 49ֹ’500 Lehrverhältnisse abgeschlossen wurden. Dies wird als Zeichen dafür gewertet, dass die Berufsbildung insgesamt gut aufgestellt ist und die Unternehmen an der Sicherung des Berufsnachwuchses festhalten. Gleichzeitig fordern viele Verbände einen stärkeren Ausbau der Berufsbildung – allen voran zurzeit der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK). Mit rund 25’000 Mitgliedern einer der grössten Verbände im Gesundheitswesen fordert er mit seiner Pflegeinitiative verbesserte Arbeitsbedingungen und die Verfügbarkeit einer genügenden Anzahl diplomierter Pflegefachpersonen. Ebenso sollen in der Pflege tätige Personen entsprechend ihrer Ausbildung und ihrer Kompetenzen eingesetzt werden.
Durch die Covid-19-Krise wurde deutlich, wie abhängig wir von einem leistungsfähigen Gesundheitswesen sind. Nun scheint es so, dass wir uns wieder auf dem Weg der Normalisierung befinden. Im Gesundheitswesen ist diese Normalität jedoch stark von zunehmendem ökonomischem Druck geprägt. Annähernd drei Viertel der Unternehmenskosten sind Personalkosten. Es ist naheliegend, dass der finanzielle Druck den Arbeitsalltag der Pflegenden mitbestimmt. Effizienzmessungen und der Einsatz von Controllinginstrumenten gehören zur Tagesordnung. Trägerschaften und Versicherer sind bemüht, die Kosten transparent und tief zu halten. In diesem Umfeld attraktive Berufs- und Ausbildungsbedingungen zu schaffen, scheint eine Herkulesaufgabe zu sein.
Im Bereich des Gesundheitswesens geht es jedoch um mehr als nur um die Optimierung der Kosten. Anspruchsvolle Prozesse müssen beherrscht werden, menschliche Anteilnahme soll geleistet werden – Anforderungen, die reizvoll und herausfordernd sind. Die Pflegeberufe bilden geradezu meisterlich ab, wie durchlässig und vielschichtig unser Berufsbildungssystem aufgestellt ist – von der Attest-Ausbildung bis zum eidgenössischen Fähigkeitszeugnis, vom höheren Fachdiplom bis zum Bachelor- oder Masterabschluss. Verschiedene Bildungswege stehen offen. Zweitausbildungen und Umschulungen sind nicht selten. In der beruflichen Weiterbildung stehen Spezialisierungen zur Wahl. Führungs-, Bildungs- oder Fachspezialisierungen sind im Akutspital, in der Langzeitpflege oder im spitalexternen Umfeld möglich.
Ein Beispiel für erfolgreich gelebte Ausbildungskultur ist das Alters- und Pflegeheim Frenkenbündten in Liestal. Seit der Eröffnung im Jahr 1980 Ausbildungsstätte für Pflegeberufe, fördert Frenkenbündten die Berufs- und Weiterbildung systematisch und behauptet sich so als führender Betrieb der Langzeitpflege. Im Jahr 2017 als erste Institution der Langzeitpflege im Kanton Baselland mit dem Label «qualitépalliative» für Palliativpflege zertifiziert, konnte 2020 auch erstmals eine Studierende des Instituts für Pflegewissenschaft der Universität Basel ihren Titel «Master of Nursing Science» mit einer wissenschaftlichen Masterarbeit erwerben. Diese erste wissenschaftliche Studie in einem Baselbieter Alters- und Pflegeheim verdient Respekt und Anerkennung. Von den Studienergebnissen zum Delirmanagement profitieren die Bewohnerschaft, die Mitarbeitenden und die Institution gleichermassen – helfen die Ergebnisse doch mit, die Pflegequalität und Leistungseffizienz zu sichern.