Verbesserte Autonomie und Lebensqualität im alter

von Dr. med. Markus Weber

Dr. med. Markus Weber ist Facharzt FMH für Rheumatologie und Allgemeine Innere Medizin, Sportmedizin SGSM und Mannschaftsarzt FC Basel 1893.

Jeder Mensch will nicht nur alt werden, sondern auch bis ins hohe Alter seine Lebensqualität erhalten. Hierfür ist Sport eine gute Möglichkeit, denn er hilft, die körperliche Fitness lange zu bewahren. Das Älterwerden habe sich gesellschaftlich  verändert. Heute sind Senioren viel aktiver als noch vor 50 Jahren. Demnach sind von den über 2,5 Millionen über 45-Jährigen in der Schweiz 2/3 mehr oder weniger sportlich aktiv. Das zahlt sich aus, denn gut trainierte 60-Jährige sind fitter als untrainierte 40-Jährige.

Die sportliche Leistungsfähigkeit nimmt mit dem Alter ab: Die Kapillardurchblutung der Muskulatur verschlechtert sich, ebenso die Fliessqualität des Blutes in der Peripherie.
Die Knochendichte nimmt ab. Darüber hinaus kommt es zu neurodegenerativen Veränderungen, sodass auch die nervale Aktivierung der Muskulatur schlechter wird. Auch
eine zunehmende Insulin-Resistenz und weniger Glykogenspeicher im Muskel machen sich bemerkbar. Aber: Es gibt sehr viele Faktoren, mit denen sich diese altersbedingten Verschlechterungen beeinflussen lassen. Besonders deutlich merkt man es an
der Kraft: Nachdem das Maximum etwa im Alter zwischen 25 und 30 Jahren aufgebaut ist, verlieren wir 20 bis 50 Prozent unserer Kraft zwischen dem 30. und 80. Lebensjahr.
Doch gerade der zunehmende Kraftverlust in der Beinstreckmuskulatur führt zu Zunahme der Sturzgefahr damit auch zum Risiko der Mobilitätseinschränkung, die sich wiederum auf die Selbstständigkeit auswirken kann. Für viele ist die Autonomie im Alter besonders  wichtig, denn sie bildet die Grundlage der sozialen Partizipation wie auch der persönlichen Lebensqualität. Alles, was man im Alltag macht, auch die soziale Qualität, kann ich durch  eine regelmässige sportliche Aktivität unterstützen. Durch ein Motoriktraining lassen sich verschiedene Sturzrisikofaktoren positiv beeinflussen.

Kraft und Gleichgewicht lassen sich auch im höchsten Alter noch trainieren, bei 86 bis 96-Jährigen konnte ein Kraftanstieg von mehr als 170 Prozent nachgewiesen werden. Doch  Kraft ist nicht gleich Kraft: Unter Explosivkraft versteht man die Fähigkeit, schnell Kräfte aufzubauen – also auch auf unvorhergesehene Ereignisse wie Stolpern schnell mit einer Kraftentwicklung zu reagieren. Diese

Explosivkraft nimmt pro Jahr um drie bis vier Prozent ab. Die Maximalkraft ist dagegen die maximal aufbaubare Kraft – sie nimmt mit ein bis zwei Prozent pro Jahr vergleichsweise weniger ab. Vom funktionellen Standpunkt aus ist die Fähigkeit, schnell Kräfte zu entwickeln, bedeutsamer für die Vermeidung von Stürzen als die Fähigkeit, maximale Kräfte zu produzieren. Für viele Patienten bedeutet dies eine deutliche Zunahme ihrer Autonomie, betonte Weber. Ein reines Krafttraining – ein Gerätetraining – erscheint daher
nicht sinnvoll, da dadurch zwar die Maximalkraft trainiert wird, die Koordination aber nicht besser wird. Dafür ist Sturzprävention mit vielen anderen Aktivitäten möglich – als Beispiel nenn ich Sturz-Präventionstraining in der Physiotherapie, Tanzen, Tai-Chi, einfaches Kraftund Gleichgewichtstraining im Alltag wie zum Beispiel Zähneputzen auf einem Bein.

Weitere empfehlenswerte Sportarten für Senioren sind meiner Meinung nach auch Walking, Nordic Walking, Schwimmen und Wassergymnastik, Radfahren und Indoor Cycling, Trekking, Langlaufen, Gymnastik und zusätzlich durchaus das Krafttraining. Weniger zu empfehlen sind dagegen Sportarten mit hoher Sturzgefahr wie intensives Skifahren oder Reiten. Insgesamt aber gilt: Es ist nie zu spät, eine regelmässige sportliche Aktivitäten zu beginnen. Die positiven Effekte sind vielfältig, sowohl bezüglich der Lebensqualität als im Hinblick auf die körperliche Fitness und Gesundheit.

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