Der Hochschwarzwald war lange Zeit ein touristischer Magnet. In den Neunzigerjahren stiessen die klassischen Konzepte an Grenzen. Dies war der zentrale Ausgangspunkt für das Konzept des Badeparadieses in Titisee.
Karibikfeeling unter Palmen im Schwarzwald. Auf den ersten Blick ist dies ein Widerspruch. Nicht so bei den Themenwelten des Badeparadieses. Das GALAXY SCHWARZWALD begeistert mit spritzigem Wasserspass, während in der PALMENOASE Erholung pur im Zentrum steht. Im PALAIS VITAL verwöhnen unterschiedlichste Saunaangebote und textilfreie Wasserwelten die Besucher.
«Geschäftsführer»: Der Schwarzwald ist ein bedeutendes Tourismusziel. Was das Baden betrifft gibt es bei Ihnen im Sommer den Schluchsee, Titisee und für Insider den Windgfällweiher. Im Winter haben einige Hotels kleinere Schwimmbäder oder kleinere Saunas. Sie wollten und wollen hier ein grösseres Zeichen setzen. War dies der Ausgangspunkt Ihres Geschäftsmodells für das Badeparadies?
Jochen Brugger: Die Kernidee liegt um die zwölf Jahre zurück. Die politische Führungsriege des Hochschwarzwaldes, sprich, die Bürgermeister aus der Region, standen damals vor der Herausforderung, dass die Übernachtungszahlen des Tourismus im Hochschwarzwald zurückgegangen sind. Das klassische Angebot hat den Gästen nicht mehr genügt. Der Handlungsbedarf war spürbar.
Wirkten Bollenhüte und Kuckucksuhren etwas verstaubt?
Es ging in erster Linie um eine wetterunabhängige und ganzjährige Attraktion. Planungssicherheit lautete hier das zentrale Stichwort. Es wurden unterschiedliche Szenarien durchgespielt. Zum Beispiel war eine Indoor-Spielhalle im Gespräch. Im Lauf der Zeit wuchs die Idee der Implementierung eines Erlebnisbades. In diesem Zusammenhang wurde Kontakt zum Investor und Architekt Josef Wund aufgenommen. Im Nachhinein kann man den Bürgermeistern und Gemeinderäten für ihren Mut und ihren Weitblick gar nicht genug danken.
Wer und was steht da dahinter?
Die Unternehmensgruppe Wund sitzt in Friedrichshafen. Herr Wund war ein einzigartiger Visionär, Architekt und Investor dieser traumhaften, karibischen Urlaubsparadiese mitten in Europa. Josef Wund verstarb am 14. Dezember 2017 bei einem tragischen Flugzeugabsturz in der Nähe von Ravensburg. Josef Wund verstand es, seinen Gästen, die immer im Mittelpunkt seines Handelns gestanden haben, einzigartige Erlebnis- und Erholungswelten zu bieten, in denen jede Zielgruppe die jeweils passenden, hochwertigen Angebote und Attraktionen erleben und geniessen kann. Durch sein Wirken und seine neue Interpretation der Themen «Wellness- und Erlebnisbad und Saunieren» wurde die gesamte Branche nachhaltig verändert und geprägt.
Sie sprechen sehr heterogene Zielgruppen an. Bei Ihnen findet man lärmende Jugendliche und Menschen, die Ruhe vom Alltagsstress suchen. Wie bekommen Sie diese unter einen Hut?
Wir bringen diese Zielgruppen nicht unter einen Hut, aber unter ein Dach. Mittlerweile haben wir es mit drei sehr unterschiedlichen Erlebnis- und Erholungswelten zu tun, die aber an einem Standort sind. Wie sie es gerade erwähnt haben, ist die eine Erlebniswelt ganz auf Familien mit Kindern und Jugendlichen ausgerichtet. Dort gibt es 23 Rutschen und über 25 Attraktionen für Klein und Gross. Vergnügung steht im Vordergrund, und daher ist es auch lauter. Aber wenn man dann im Bereich Sauna und Wellness ist, spielt das Thema Ruhe eine zentrale und ganz besondere Rolle. Wir geben jeder Zielgruppe das, was sie von uns erwartet, und haben gleichzeitig aber auch das gesamte Spektrum im Blick. Die Heterogenität spiegelt sich wider, hat aber ein Dachkonzept.
Haben Sie Vorbilder, etwa den Europapark in Rust? Dort werden ja auch sehr unterschiedliche Atmosphären auf einem Gelände zusammen präsentiert?
Freizeitparks und Erholungs- und Erlebnisbäder, wie das Badeparadies, sind grundsätzlich sehr unterschiedliche Freizeiteinrichtungen. Richtig ist, dass in Freizeitparks unterschiedliche, hauptsächlich künstliche Themenwelten für die Gäste zur Verfügung stehen. Aber primär geht es dort um die Zielgruppe der Familien, was in einem Freizeitpark ja auf der Hand liegt. Ruhesuchende finden dort wenig Räume. Bei uns haben alle relevanten Zielgruppen ihren eigenen Bereich.
Wenn ich, nehme ich mich als Beispiel, als ältere Generation Ruhe in einer Bade- und Saunalandschaft suche, habe ich ja im Hochschwarzwald oder Markgräflerland, aber auch im Raum Basel durchaus Mitbewerber. Wo sehen Sie hier Ihr Alleinstellungsmerkmal?
Egal, ob Sie mit Ihrer Familie anreisen oder ob Sie ohne Kinder zu uns kommen, hier finden alle die für sie optimalen Voraussetzungen für eine wetterunabhängige und ganz besondere Freizeitgestaltung. Mit klassischen Kurbädern, selbst wenn sie modern daherkommen, können Kinder und Jugendliche wenig anfangen. Grundsätzlich ist aber die Ausgestaltung, genauer gesagt Thematisierung, bei uns der zentrale Punkt. So haben wir über 300 echte Palmen. Im Badeparadies gibt es keine Kunstwelten. Bei uns sieht der Marmor nicht nur so aus, sondern er ist echt. Eine ganz besondere Attraktion ist sicher die Möglichkeit, dass wir im Sommer unsere Dächer auffahren können. Das sind über 1 000 Quadratmeter Glasfläche, die hier bewegt werden können. Wir zeigen die Natur. Der Schwarzwald ist bei uns keine Imagination, sondern eine echte Kulisse. Das Spannungsfeld, unter echten Südseepalmen zu liegen, frische Schwarzwaldluft einzuatmen und auf die traumhafte Bergkulisse zu schauen, ist sicherlich weltweit einmalig.
Wie verändert sich die touristische Umgebung in Titisee, beispielsweise was die Gastronomie betrifft? Besteht nicht die Gefahr, dass sie zwar ein Leuchtturm sein wollen, der sich aber eher als Kathedrale in der Wüste entpuppt?
In den Achtziger- und Neunzigerjahren gab es im Schwarzwald einen Investitionsstau. Niemand konnte sich vorstellen, in ein touristisches Angebot 100 Millionen Euro zu investieren, schon gar nicht in ein Bad. Hier haben wir, genauer gesagt Josef Wund, im wahrsten Sinne des Wortes einen Anschub für die ganze Region realisiert. Demzufolge sehen wir uns auch nicht als einsamen Leuchtturm, sondern begreifen uns als ergänzendes Angebot für die gesamte Ferienregion, die als Einheit eine weit reichende und bemerkenswerte Strahlkraft hat. Unter diesen Gesichtspunkten ist die Entwicklung, die der Hochschwarzwald in den letzten zehn Jahren durchlaufen hat, mehr als beeindruckend, und folgerichtig zählt die Region mittlerweile wieder zu den beliebtesten Feriendestinationen in ganz Deutschland.
Wie sieht die mittelfristige Zukunft des Badeparadieses aus? Wo geht die Reise hin? Was sind wichtige Investitionen auch für die Zukunft, um am Markt bestehen zu können.
Wir haben Ende 2017, eine Woche nach dem Tod von Herrn Wund, unsere Erweiterung eröffnet. Zwischen 2015 und 2017 wurden nochmals weit über 50 Millionen Euro investiert und damit die Anlage von der Fläche her verdoppelt. Wir haben in diesem Rahmen auch jetzt noch Platz, um mittelfristig weitere Saunen oder andere Angebote und Attraktionen integrieren zu können. Hier setzen wir auf qualitative Erweiterungen, und wir sind derzeit bereits intensiv damit beschäftigt, die Ideen für die konzeptionelle Weiterentwicklung im Badeparadies Schwarzwald zu verfeinern und zu konkretisieren. Neben einer Steigerung unserer jährlich wachsenden Besucherzahl auf mittlerweile über 750’000 Gäste, freut uns vor allem die erhöhte Verweildauer von durchschnittlich fast sechs Stunden.
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