Beim Heizen sind Wärmepumpen das beherrschende Thema. Wer noch auf Gas oder Öl setzt, hat den Zeitgeist verpasst. Diese überall verbreitete Meinung kann trügerisch sein.
Fachlich einwandfrei geplante und eingesetzte Luft/-Wasser-Wärmepumpensysteme bieten einen riesigen Mehrwert: Aus einem Teil Energie in Form von Strom produzieren sie drei bis vier Teile Wärme zur Raumheizung und Warmwasserbereitung. Ein Wärmepumpensystem besteht nicht nur aus Technik mit Mehrwert, sondern auch aus Elektroheizeinsätzen. Diese Zusatzeinrichtungen, die wie ein Tauchsieder im Energiespeicher funktionieren, können bei Notbetrieb und bei Spitzenlast automatisch zugeschaltet werden. Wann dies geschieht, weiss man meistens nicht. Das böse Erwachen kommt erst, wenn eine unerwartet hohe Stromrechnung ins Haus flattert.
Viel zu wenig leise Wärmepumpen
Nach jahrzehntelanger Tätigkeit als Heizungsfachmann kenne ich den Wärmepumpenmarkt wie die eigene Hosentasche. Längst weiss man, welche Wärmepumpen wirklich leise sind – leider sind es immer noch viel zu wenige. Für die Wärmepumpenhersteller ist der Schweizer Markt nicht interessant. Die grossen Absatzzahlen finden in anderen Ländern statt, wo Effizienz und geräuscharmer Betrieb noch kein grosses Thema sind.
Ist eine Wärmepumpe zu laut, hilft der berühmte Griff in die Trickkiste. Das Lösungswort heisst Silent-Modus und besteht aus einem Betriebsprogramm, das die Wärmepumpe silent (engl.: für still, ruhig) macht. Besonders gefragt ist der Silent-Modus zwischen 19 Uhr abends und 7 Uhr morgens, wenn verschärfte Lärmschutzvorschriften gelten.
Ist eine Wärmepumpe zu laut, greift man die Trickkiste.
Der Gesetzgeber lässt zu, dass Wärmepumpen mit dem Silent-Modus Strom verschwenden.
Je leiser desto ineffizienter
Die Auswirkungen auf die Energieeffizienz sind verheerend: Sobald der Silent-Modus eingeschaltet wird, reduziert sich die Wärmeleistung der Wärmepumpe um die Hälfte. Bloss merkt das niemand: Sobald ein Leistungsdefizit besteht, wird automatisch der oben erwähnte Elektroheizeinsatz zugeschaltet. Der maximale mögliche Silent-Modus (Stufe 3) besteht einzig und allein aus dem Einsatz eines reinen Elektroheizeinsatzes. Leiser geht es nicht mehr – ineffizienter aber auch nicht!
Stellen Sie sich vor, Sie stellen während 12 Stunden Ihre Heizung auf halbe Leistung ein. Mit einer Gas- oder Ölheizung wird es im Haus irgendwann kalt; Sie beginnen zu schlottern. Bei einer Wärmepumpe merken Sie rein gar nichts davon, dass der Elektroheizeinsatz läuft. Im Haus ist es weiterhin wohlig warm. Auch der Stromzähler meldet Ihnen nicht, dass er viel rascher tickt und die Stromkosten in die Höhe schnellen lässt!
Der Gesetzgeber weiss sehr wohl, dass die Elektroheizeinsätze einen schlechten Einfluss auf die Energiebilanz eines Wärmepumpensystems haben. Darum sind Elektroheizeinsätze ab einem gewissen Anteil verboten! Zulässig sind sie nur zum Abtöten von Legionellen, aber nicht, wenn es in einem normalen Winter an Raumwärme mangelt.
Wie schon so oft hat es der Gesetzgeber aber versäumt, die richtigen Rahmenbedingungen für eine wirklich greifbare Energiewende zu schaffen. Der Gesetzgeber lässt es zu, dass unzählige Wärmepumpen mit dem Silent-Modus auf Hochtouren laufen und Strom verschwenden, ohne dass es jemand merkt! Zudem ist es heute mit ausgeklügelter Software möglich, auf Silent-Modus umzuschalten ohne dass jemand davon Kenntnis hat. Erinnerungen an den Dieselskandal werden wach.
Nachweise, die nichts nützen
Angesichts dieser Tatsache sind die hohen gesetzlichen Hürden und der administrative Aufwand für den Einsatz von Wärmepumpen ein absoluter Hohn. In stundenlanger Arbeit füllen die Heizungsfachfirmen Formulare aus, erbringen Lärmschutznachweise, stellen Fördergesuche, liefern Anlagezertifikate und Wärmepumpensystemmodule und und und – Formulare, die am Ende rein gar nicht den Praxisbetrieb abbilden.
Im Gegenteil: Was nützt ein Energieeffizienz-Nachweis, wenn eine Wärmepumpe im Silent-Modus läuft und damit unbemerkt zum Stromfresser wird? Unter diesen Voraussetzungen schaffen wir die Energiewende mit konventionellen Energieträgern viel einfacher und effizienter. Niemand kommt auf die Idee, eine Ölheizung wegen dem dröhnenden Lärm von 19 Uhr abends bis 7 Uhr morgens auf halbe Leistung einzustellen. Niemand!
Martin Omlin, Präsident des Vereins EnergieErtragSchweiz