Warenströme unter Kontrolle halten

Interview mit Carlos Methner und Kamil Ramadani von Georg Lutz

Die Geschäftsleitung, bestehend aus Daniel Bühler, Carlos Methner, Michael Strittmatter und Kamil Ramadani (von links nach rechts) setzt auf professionelle Beratung in einem sich schnell wandelnden Umfeld.

Gerade KMU-Verantwortliche verlassen sich oft auf die externe Expertise von Service-Provider*innen, wenn sie im Import und Export tätig sind. In solchen Situationen kommen die Dienstleistungen der VL Verzollung + Logistik AG zum Zug. Sie bietet flexible Kund*innenlösungen an: «all in one» oder an die jeweiligen Bedürfnisse angepasst.

Ein- und Ausfuhren von Handelswaren müssen in der Schweiz einer Zollstelle zugeführt und zur Zollveranlagung angemeldet werden. Dieser Prozess ist komplex und benötigt ein fundiertes Fachwissen, damit der Ablauf und die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteur*innen korrekt und den gesetzlichen Vorgaben entsprechend abgewickelt werden. Dabei gelten internationale Lieferklauseln, sogenannte Incoterm-Bestimmungen. Auch bei einem Transit, sprich der Durchfuhr von Handelswaren, werden Einfuhrabgaben zur vorübergehenden Sicherstellung (Bargeld oder Bürgschaft) erhoben. Die VL Verzollung + Logistik AG ist hier eine verlässliche Partnerin und erstellt für ihre Kund*innen die erforderlichen Dokumente (zum Beispiel Carnet TIR oder Carnet ATA).

Im Auftrag der Schweiz nimmt der Schweizer Zoll auf die Waren im grenzüberschreitenden Verkehr Steuern und andere Abgaben ein, wie zum Beispiel Zölle und die Mehrwertsteuer. Diese machen zusammen jährlich rund ein Drittel aller Einnahmen des Schweizer Staates aus. Dies ist vielleicht vielen von uns gar nicht bewusst. So agiert die VL Verzollung + Logistik AG für den Staat auch als Fiskalvertreterin, wenn die Kund*innen über kein eigenes Zollabrechnungskonto verfügen und nicht direkt mit dem Zoll abrechnen. Wir führten mit Carlos Methner und Kamil Ramadani von der VL Verzollung + Logistik AG ein Interview zum Thema, wie der Zoll heute aufgestellt sein muss, um seine Herausforderungen zu meistern.

«GESCHÄFTSFÜHRER*IN»: Wagen wir zunächst einen kleinen historischen Vergleich, um die Herausforderungen von Schweizer KMU klarer erkennen zu können. Wenn ein Schweizer Unternehmen vor 25 Jahren eine Ware in die EU exportierte, wie sah da der Ablauf bezüglich des Transports, der Logistik und des Zolls aus?
Carlos Methner: Damals wurden alle Dokumente und Unterlagen mit Schreibmaschine, Einzelrechnern und Telex produziert: sehr viel Papier mit vielen Durchschlägen. Das kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Die heutigen Abläufe und Prozess sind teilweise digitalisiert, doch vom propagierten papierlosen Büro sind wir immer noch einige Jahre entfernt. Grundsätzlich bestehen immer noch die «gleichen» Zollabfertigungsformalitäten wie damals und wir arbeiten mit physischen Verzollungsunterlagen wie Rechnungen, Ursprungszeugnissen, Veterinärzeugnissen oder Inhaltslisten, die uns oft noch in Papierform von unseren Kund*innen zugestellt werden. Doch die Digitalisierung schreitet mit grossen Schritten vorwärts: Dank dem Digitalisierungs- und Transformationsprogramm «DaziT» der Eidgenössischen Zollverwaltung hat diese seit dem 1.1.2022 nicht nur einen neuen Namen (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit – BAZG), sondern auch das einheitliche Berufsbild «Fachspezialist / -in Zoll und Grenzsicherheit». Da sind grosse Veränderungsprozesse im Gang. Die früheren Anforderungen des technischen Bereichs und der klassischen Grenzwacht sind nun in diesem neuen Berufsbild vereint. Sowohl auf der organisatorischen Ebene als auch von den Mitarbeiter*innen wird mehr Flexibilität verlangt.

Momentan ist das Schweizer Zollgebiet in sechs Regional- und 23 Lokalebenen aufgeteilt. Basel ist «Zoll Nord» (BS, BL, AG). In der Folge wurden auch in Basel Zollämter geschlossen. Wo liegen die Gründe dafür?
Die Möglichkeiten der Digitalisierung eröffnen eine flexiblere Abfertigung der Zollformalitäten. Wir können heute unabhängig vom Arbeitsort eine Abfertigung vornehmen – vorausgesetzt, der Zoll hat uns die formale Bewilligung erteilt.

Welche konkreten Arbeitsprozesse sind digitalisiert?
Kamil Ramadani: Der Kernprozess der Abfertigung ist mit unserem System digitalisiert und wir übermitteln die notwendigen Verzollungsunterlagen (Im- und Export) online an das zuständige Zollamt. Früher wurden die Verzollungsdokumente analog, das heisst direkt durch unsere Mitarbeitenden, dem Zollamt übergeben. Heute stehen uns digitale Schnittstellen mit Cloudlösungen zur Verfügung. Die Zollabwicklung ist dadurch auch viel schneller und effizienter geworden.

Wie sehen Ihre Dienstleistungen konkret aus?
Carlos Methner: Als Service Provider stehen wir unseren Kund*innen für alle zolltechnischen Dienstleistungen zur Verfügung und wickeln diese professionell gemäss den gesetzlichen Vorgaben ab. So stellen wir beispielsweise für unsere Kund*innen sicher, dass das gesamte Verzollungsverfahren sowohl bei der Ein- als auch bei der Ausfuhr korrekt abgewickelt wird. Dabei wird auch die mehrwertsteuerfreie Ware mittels Ausfuhrbelegen erfasst und von uns fakturiert, um eine formal korrekte Warenabwicklung sicherzustellen. Je nach Destinationsland kommen unterschiedliche Parameter zur Anwendung und auch bei der Einfuhrabfertigung erstellen wir für unsere Kund*innen die entsprechenden Dokumente. Ein weiteres Geschäftsfeld sind Beratungen. Wir agieren in einem globalen und dynamischen Umfeld, in welchem sich die Spielregeln rasch ändern können, und es braucht viel Wissen und Vernetzung, um hier am Ball zu bleiben. Wir bieten massgeschneiderte und praxisorientiere Schulungsseminare für Unternehmen und Einzel-Coachings an. Oftmals hilft dieser Austausch zum Verständnis aller Beteiligten. Die Basis-Theorie muss strukturiert vermittelt werden – nur so entsteht eine gute Zusammenarbeit und Partnerschaft.

Und wenn dies nicht der Fall ist, was droht dann?
Es droht Zeitverlust. Zeit ist kostbar und kostet Geld. Wenn der Lastwagen steht, verursacht dies Mehrkosten. Das kann man betriebswirtschaftlich, aber auch volkswirtschaftlich erklären.

Dann belegen Sie bitte den ökonomischen Schaden am zweiten Punkt.
Lassen Sie mich die Folgen am Beispiel des Brexits erklären: Wer seit dem Brexit mit Grossbritannien Handel treibt, hat mit vielen Hindernissen zu kämpfen, die in erster Linie auf der englischen Seite entstehen. Die Briten haben die konkreten Vorbereitungen für die Umsetzung im Grenzverkehr völlig unterschätzt. Vor dem Brexit galten die Zollbestimmungen der EU und innerhalb der EU-Grenzen wurden keine Zölle beziehungsweise Aus- und Einfuhrabgaben erhoben. Es versteht sich von selbst, dass dafür auch kein Zoll-Fachpersonal benötigt wurde. Heute ist Grossbritannien gegenüber der EU mit der Schweiz vergleichbar. Doch im Unterschied zu uns verfügen die Engländer kaum über Personal mit diesem Fach-Know-how. Das alles führt zu grossen Verzögerungen bei der Ein- und Ausfuhr von Waren – also Zeit, die viel Geld kostet. Je schneller ein Lastwagen den Zoll passieren kann, sprich korrekt abgewickelt wurde, desto günstiger ist die Lieferung. Das ist übrigens nicht nur der Fall im Grenzverkehr mit England, sondern auch innerhalb unseres Warenverkehrs mit der EU.

Da geht es offensichtlich nicht nur um fehlende Lastwagenfahrer. Ja richtig, seit dem Brexit ist der administrative Aufwand viel höher und wir benötigen mehr Zeit für die qualitative Prüfung der erforderlichen Papiere.

Kommen wir zu den wachsenden Päckchenbergen aus dem Onlinehandel. Wie sieht es beim wachsenden Thema E-Commerce aus?
Kamil Ramadani: Das ist ein völlig anderes Segment. Die Abläufe sind zwar ähnlich, doch das Einzelvolumen ist sehr viel geringer. Hier geht es nicht um die Abwicklung von Containern, sondern meistens um eine Warenbestellung einer Privatperson. Zum Beispiel kauft eine Kundin ein Paar Schuhe in einem Online-Portal irgendwo auf dieser Welt. Aber auch hier gilt es sicherzustellen, dass die Verzollungsvorgaben eingehalten werden. Wir stellen immer wieder fest, dass Kund*innen nicht wissen, dass auch Käufe im Onlinehandel verzollt werden müssen.

Die Reputation des Zolls ist nicht gerade hoch angesiedelt?
Carlos Methner: Der Zoll wird von vielen als ein Handelserschwernis angesehen. Dabei sollten wir Schweizer*innen aber anerkennen, dass wir unsere geltenden Handelsabkommen mit anderen Staaten und die politischen
und wirtschaftlichen Interessen der Schweiz berücksichtigen müssen. Der Zoll unterstützt die wirtschaftliche Landesversorgung, überwacht die Ein- und Ausfuhr gewisser Waren und schützt damit unsere Landwirtschaft sowie Marken-, Design- und Urheberrechte. Gerne erwähne ich an dieser Stelle auch das Beispiel vom «Salz-Regal», wonach eine spezielle Einfuhrbewilligung für Salz benötigt wird. Salz gilt als einziger «echter Rohstoff der Schweiz» und dieser Handel wurde im schweizerischen Salzgesetz geregelt.

Dabei sind Sie aber global vernetzt?
Kamil Ramadani: Für alle Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) werden mithilfe der Zolltarifnummer die entsprechenden Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ermittelt. Die ersten sechs Stellen einer Zolltarifnummer gelten in allen WTO-Mitgliedstaaten; das ist sozusagen «unser Sprachcode», den jeder Akteur versteht, egal ob er in China, Australien oder in der EU operiert. Wenn ein Unternehmen auf dem Exportmarkt tätig ist, ist es empfehlenswert, sich auch mit diesen Zolltarifnummern auseinanderzusetzen.

Wie sehen aus Ihrer Sicht die zentralen Herausforderungen der nächsten Jahre aus?
Da fallen mir zwei Stichworte ein: Digitalisierung und Bereitstellen von Infrastrukturen. Das neue Bundesamt für Zollverwaltungen setzt auf Digitalisierung und wird uns hier ermöglichen, effiziente Schnittstellen und Lösungen zu unseren Systemen zu entwickeln. Dabei ist wichtig, dass Daten
durchgehend sind: Was im Versandland erfasst wurde, sollte auch in der Schweiz reibungslos bearbeitbar sein. So entstehen echte Effizienzgewinne und das ist doch eine gute Zukunftsperspektive, auf die wir uns alle freuen.

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