Proaktiv, engagiert, offen, unabhängig: So präsentiert sich das neue Gesicht der Interessengemeinschaft Kleinbasel (IGK). Seit ihrer Gründung im Jahr 1952 steht die Förderung der wirtschaftlichen Interessen des Detailhandels, der Gastronomie und des Gewerbes der Quartiere Clara, Rosental, Matthäus, Klybeck, Wettstein, Hirzbrunnen sowie Kleinhüningen im Fokus. Darüber hinaus werden sämtliche relevanten Anliegen von «Glaibasel», dem rechtsrheinischen Teil der Stadt Basel, zusammengetragen, um nachhaltige Lösungen zu eruieren.
Frau Treml Nidecker, Sie sind seit Mai 2022 die neue Präsidentin des IGK. Wie kommt man zu solch einem Amt?
Anita Treml Nidecker: Da liefen einige Fäden zusammen. Einerseits lebe ich seit 1977 ununterbrochen in Kleinbasel, bin hier tief verwurzelt und schätze die Vielfalt in Kombination mit Lebendigkeit ausserordentlich. Andererseits habe ich 25 Jahre lang – die letzten 15 Jahre als Geschäftsführerin – bei der Brauerei Fischerstube gearbeitet, einem alteingesessenen Mitglied der IGK. In solch einem beachtlichen Zeitraum lernt man zahlreiche Menschen kennen und trifft sich regelmässig zu gesellschaftlichen Anlässen. Nachdem sich der langjährige Präsident zurückgezogen hat, wurde ich angefragt, ob ich seinen Posten übernehmen möchte. Als frisch Pensionierte stand mir genügend Zeit für dieses Amt zur Verfügung – so nahm ich wohlüberlegt und beherzt die Aufgabe an.
Worin lag Ihre Motivation, das Amt als Präsidentin der IGK anzunehmen?
Die Aussicht, etwas zu bewegen, übte auf mich einen grossen Reiz aus. Die IGK befindet sich in einem zukunftsorientierten Wandel. Der Vorstand besteht aus jüngeren Leuten aus der Geschäftswelt, die die IGK für neue Branchen und neue Mitglieder öffnen möchten. Es ist spannend, Mitglieder aus unterschiedlichen Branchen begrüssen zu dürfen – auch solche, die nicht aus einer langen Tradition heraus dabei sind, wie die Kreativwirtschaft, Galerien oder Buchhandlungen. Ich möchte die IGK zusammen mit der Geschäftsleiterin und dem Vorstand in die Zukunft führen.
Sie haben inmitten einer krisenbehafteten Zeit das Präsidentenamt übernommen. Mit welchen Herausforderungen kämpfen Ihre Mitglieder?
Der Detailhandel wird seit Längerem durch den Onlinehandel herausgefordert. Hinzu kommen die unzähligen Baustellen, die das Einkaufserlebnis in der Stadt nicht gerade verschönern. Dem Gewerbe fehlen allgemein Fachkräfte. Hinzu kamen die Probleme mit Lieferengpässen und einer Explosion der Energiekosten, wovon auch Gastronomiebetriebe und KMU hart getroffen wurden. Viele Betriebe sind noch dabei, ihre Coronakredite abzubezahlen. Besonders die kleineren Familienbetriebe mussten dadurch ihre Reserven aufbrauchen und sind jetzt am Anschlag.
Welche Schritte unternimmt die IGK zur Lösungsbewältigung?
Bei Bedarf werden unsere Mitglieder von uns an den sogenannten «runden Tisch» der IGK eingeladen, wo alle Anliegen gebündelt werden, um diese gegenüber der Verwaltung zu vertreten. Mit grossem Engagement unterstützen wir unsere Mitglieder im Dialog mit der Verwaltung und stärken einen regen Austausch zwischen den Partnerorganisationen – miteinander zu reden ist immens wichtig und fördert den Informationsfluss. Des Weiteren nimmt die IGK an Vernehmlassungen, Anhörungen sowie Konsultationsveranstaltungen teil und bringt dort die Interessen des lokalen Gewerbes zur Geltung. Durch Mitglieder des IGK-Vorstandes, die im grossen Rat Einsitz haben, kann die IGK auf das politische Geschehen im Interesse der Mitglieder Einfluss nehmen.
Der Clarastrasse steht ein zweieinhalbjähriger Umbau bevor. Mit welchen Folgen muss das dort ansässige Gewerbe wegen dieser Grossbaustelle rechnen?
Natürlich ist allen Anrainern der Clarastrasse die Erneuerungsbedürftigkeit der Tramgleise klar – und auch die Notwendigkeit, dass die alten Wasserleitungen aus den 70er-Jahren ersetzt werden müssen. Die Clarastrasse wird nach der Sanierung eine attraktive Einkaufsstrasse sein – dieser Blickwinkel sollte nicht in Vergessenheit geraten. Aber eine Baustelle in dieser Grössenordnung, so kurz nach der Corona-Krise, kann für die eigenständigen Familienbetriebe der Clarastrasse, die noch keine Zeit hatten, Reserven zu bilden, das Ende bedeuten. Wegen Umsatzausfällen von bis zu 60 Prozent muss mit Konkursen, Entlassungen und einem Laden- und Restaurantsterben gerechnet werden. Zudem haben die Geschäfte leider erst spät von der Baustelle erfahren. Sie fürchteten um die Zuliefermöglichkeiten und um das Weihnachtsgeschäft während der Bauphasen. Inzwischen haben wir eine gute Zusammenarbeit mit dem Baudepartement aufgebaut, um Unklarheiten ins rechte Bild zu setzen und Wünsche anzubringen. So wird auch nicht die ganze Strasse eine Baustelle sein. Das Tiefbauamt wird die Leitungen etappenweise erneuern und auf die ART Basel, das Weihnachtsgeschäft und die Fasnacht Rücksicht nehmen. Wir hatten uns mit einem offenen Brief an die Regierung gewandt und inhaltlich unter anderem um eine eventuelle Umsatzausfallsentschädigung und einen Aufschub der Coronakredit-Rückzahlungen gebeten. Trotz kleiner Anpassungen des Tiefbauamtes wird eine unbürokratische und rasche finanzielle Unterstützung für die gefährdeten Betriebe nötig sein.
Wie steht es in «Glaibasel» um die Aktivitäten der Basler Fasnacht, die ja endlich wieder im normalen Rahmen stattfindet?
Während des Cortège und am Dienstagnachmittag ist in Kleinbasel viel los. Auch schränzen hier viele Guggen. Ansonsten wäre es begrüssenswert, wenn das Publikum, die Cliquen und «Schnitzelbänggler» vermehrt auf die rechte Seite des Rheins gelockt werden könnten. Das Gastronomieangebot in der Kleinbasler Altstadt und darüber hinaus ist üppig.
Was ist für Sie etwas Typisches, das man nur in Kleinbasel findet?
Das spezielle Flair mit viel Leben am Rheinbord, auf Plätzen und Strassen, in den Bars und Restaurants. Auch dass seit jeher unterschiedliche Leute, ob leitende Bankangestellte, Kreative oder Handwerker*innen, gemeinsam an einem Tisch sitzen und sich austauschen, ist für mich ein liebenswerter Zug von Kleinbasel.
Unternehmen in Kleinbasel zusammenzubringen, ist die Vision der IGK. Welche Zukunftspläne schmiedet die IGK in diese Richtung?
Wir arbeiten an einem stärkeren Austausch und einer Verbesserung der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen wie Stadtkonzept, Adväntsgass, kleineren Zusammenschlüssen von Detaillisten sowie der Kreativwirtschaft. Daraus resultierend versprechen wir uns Initiativen und Projekte für ein attraktives Kleinbasel. Wir laden die Gastronomie und die Kreativwirtschaft ein, bei uns mitzumachen. Und wir streben danach, zukünftig früher in Bauprojekte des Baudepartements miteinbezogen zu werden. Ebenfalls möchten wir weiterhin zum Wohle der ansässigen Unternehmen den Geist Kleinbasels pflegen, wobei unsere Werte als Leitfaden unserer Arbeit dienen. Ach ja, gerne hätten wir, dass das «Flâneur Stadtraum Festival» bald wieder in Kleinbasel veranstaltet wird.
Was funktioniert bei der IGK ausgesprochen gut?
Die Vernetzung von Gross- und Kleinunternehmen. Wir organisieren zahlreiche Netzwerk- und Informationsanlässe, aber auch gesellige Anlässe wie der Neujahrsapéro, das Läbberli-Essen am Vogel Gryff, die Maibaum-Einweihung, der Sommeranlass, die Generalversammlung oder der Besuch von Betrieben gehören dazu.
Welche Leuchttürme, also Orte und Gebäude mit positiven Möglichkeiten, sind in Kleinbasel zu finden?
Da sind einige zu nennen, zum Beispiel die vielen spannenden Gastrokonzepte, welche in letzter Zeit entstanden sind, aber auch Veranstaltungsorte wie das Volkshaus und der Jazz-Campus. Eine definitive Aufwertung Kleinbasels stellt das renovierte Hauptgebäude der Kaserne, das kHaus, dar. Auf dem Kasernenareal befinden sich nun ein neurenovierter Ausstellungsraum sowie Räumlichkeiten, die für Konzerte und Anlässe gemietet werden können. Spannend sind die Entwicklungen in der Rheingasse, Clara-, Klybeck- und Feldbergstrasse.
Was liegt der IGK in besonderem Masse am Herzen?
Die aktive Mitgestaltung von Kleinbasel. Es gilt, die Stadt von morgen zu entwickeln. Natürlich nicht alleine, sondern im Verbund mit allen interessierten Kreisen. Nachhaltigkeit, Klimaschutz und die Begrünung der Strassen und Plätze werden für uns zunehmend wichtig werden, damit Basel-Stadt auch in Zukunft ein Ort zum Wohnen, Einkaufen und Verweilen ist.